Franziska Heine über ihre Anti-Atom-Petition: "Wir wollen Netz und Straße vereinen"
Ihre Anti-Netzsperren-Petition war ein Riesenerfolg. Jetzt will sie gegen die Atompolitik auf gleiche Weise vorgehen. Die neue Online-Petition wird noch erfolgreicher, ist sich Franziska Heine sicher.
![](https://taz.de/picture/275145/14/BundestagPetition.20110321-11.jpg)
taz: Sie haben 2009 die bis dato erfolgreichste Bundestagpetition der deutschen Geschichte gestartet. Jetzt initiieren sie eine neue Online-Petition. War das allein ihre Idee?
Franziska Heine: Die erste Idee dazu kam eigentlich von der Vereinigung der Anti-Atomkraft-Initiativen aus Südwestdeutschland. Sie hatten mich angefragt, ob ich die Aktion unterstützen könnte. Die Entscheidung, dass ich die Petition einreichen würde, haben wir später zusammen getroffen.
Was genau beinhaltet die Petition?
Die Petition soll im Prinzip den laufenden Protest ergänzen und den Druck auf die Bundesregierung erhöhen. Wir fordern die sofortige Abschaltung aller deutschen Atomkraftwerke. Darüber hinaus fordern wir innerhalb der EU eine schnellstmögliche Stilllegung aller Atomanlagen und mehr Stärkung von regenerativen Energien.
Wie ist denn der Verlauf so einer Petition?
Wir haben sie am 14. März beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht. Bevor die die Petition online gehen kann, wird sie zunächst erstmal auf gewisse Formalitäten hin überprüft. Das kann sich jetzt zwei Wochen hinziehen. In dieser Zeit haben wir die Möglichkeit, genügend Leute zu mobilisieren, die unsere Petition mit ihrer Unterschrift unterstützen, wenn diese dann online geht. Wenn wir mindestens 50.000 Unterschriften gesammelt haben, muss der Petitionsausschuss die Petentin – also in dem Fall mich - zur öffentlichen Anhörung einladen.
In Deutschland besteht grundsätzlich für alle Bürger die Möglichkeit, eine Petition, das heißt eine Eingabe oder Beschwerde, schriftlich beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages einzureichen. Im April 2009 initiierte Franziska Heine eine Petition mit dem Titel "Internet – keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten". Ihre Beschwerde richtete sich gegen den geplanten Gesetzesentwurf von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, mit dem Internetinhalte schwerer zugänglich gemacht werden sollten.
Um als Petentin vor dem Bundestag persönlich angehört zu werden, benötigte Heine eine bestimmte Anzahl an Mitunterzeichnern – mindestens 50.000. Sie erreichte diese Zahl bereits nach vier Tagen. Am Ende der Zeichnungsfrist hatten 134.015 Bundesbürger unterschrieben – und die Petition zu der bisher erfolgreichsten in der Geschichte der Bundesrepublik gemacht.
Sie fangen bereits jetzt – also zwei Wochen vor der Online-Schaltung der Petition - damit an Unterschriften zu sammeln. Warum?
Das Petitionsverfahren ist so angelegt, dass man im Vorfeld so was machen kann. Wir wollen einfach eine größere Zahl an Menschen erreichen, denn der Protest formiert sich ja zur gleichen Zeit an mehreren Stellen. Die Anti-Atomkraft-Bewegung hat ja in Deutschland eine lange Tradition. Die Leute gehen auf die Straße, um gegen den Castor zu demonstrieren. Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine neue Bewegung von Leuten, die sich online formieren, sich stark vernetzen und dort ihren Protest zeigen. Die sind aber widerrum auf der Strasse nicht so präsent.
Diese beiden Bewegungen wollen wir zusammenbringen. Auf unserer Internetseite www.sofort-abschalten.de stellen wir Unterschriftenlisten zum Runterladen zur Verfügung, mit denen man dann rausgehen und die Leute auf der Straße ansprechen kann. Die eigentliche Online-Petition wird dann, wenn sie erst mal geschaltet ist, eher die Leute erreichen, die im Netz unterwegs sind. Wir versuchen Brücken zu schlagen zwschen Straße, Parlament und Netz.
Angela Merkel hat doch bereits zugesagt sieben Atomkraftwerke abzuschalten. Reicht Ihnen diese Zusage nicht?
Unser Ziel ist der komplette Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft. Keine Laufzeitverlängerungen mehr. Keine Verharmlosungen mehr. Eigentlich kann es keine andere Lösung geben. Es gibt keine einleuchtende Begründung, warum Atomkraftwerke überhaupt noch da sind. Das, was in Japan gerade passiert, ruft uns wieder ins Gedächtnis, was die Anti-AKW-Initiativen schon seit Jahrzehnten predigen: dass die Sicherheit der Atomkraftwerke einfach nicht gegeben ist. Die Bundesregierung darf nicht mehr länger nur reden und so tun als ob. Man muss jetzt zu einer Lösung kommen.
Glauben Sie an den Erfolg ihrer Petition?
Ich hoffe natürlich, dass etwas passiert. Dass wir bei der Bundesregierung ein Umdenken erreichen. Die Demonstrationen, die bereits jetzt laufen, setzen ja ganz klar ein Zeichen. Die Menschen sind unzufrieden, die Bewegung ist jetzt da. Ich glaube, dass wir mit unserer Petition mehr Stimmen bekommen als 2009. Denn unsere Macht – auch durch die Möglichkeiten, die uns das Internet bietet - ist groß genug.
Was sind ihre nächsten Schritte?
Wir werden rausgehen, mit den Leuten reden und neue Aktionen planen. Wir gehen zu Veranstaltungen und bereiten die Unterschriftenlisten für die Petition vor. Darüber hinaus sind wir in Blogs aktiv, man findet unsere Petition bei Twitter und bei Facebook. Es gibt eine Menge zu tun, wir müssen es jetzt anpacken.
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