Frankreichs "Three Strikes"-Gesetz: Raubkopieren härter bestrafen
Wegen 900 Änderungsanträgen muss Frankreichs Regierung mit seinem "Three Strikes"-Gesetz bis nach der Sommerpause warten. Dennoch verschärfte die Regierung das vorgesehene Strafmaß.
PARIS afp/taz | Die französische Regierung ist damit gescheitert, die umstrittenen Internetsperren für Raubkopierer noch vor der Sommerpause durch das Parlament zu bringen. Die Nationalversammlung verschob die Abstimmung über den Entwurf am Dienstag auf September, wie Parlamentspräsident Bernard Accoyer sagte. Er verwies darauf, dass zu dem Gesetz fast 900 Änderungsanträge eingereicht wurden.
Die sozialistische Opposition forderte erneut einen Verzicht auf das Gesetz. Sie schlägt stattdessen eine Urheberrechtsabgabe vor, um Künstler für die kostenlose Verbreitung ihrer Werke über das Netz zu entschädigen.
Die konservative Regierungsmehrheit versucht seit Monaten, das Gesetz in Kraft zu setzen, das aber auch in den eigenen Reihen auf Vorbehalte stößt. Dabei geht es darum, dass mutmaßliche Raubkopierer zweimal abgemahnt werden – und beim dritten Mal mit harten Sanktionen rechnen müssen. Dieses Vorgehen wird allgemein als "Three strikes (and you are out)"-Verfahren bezeichnet.
Das Gesetz für dieses sehr aggressiv gegen Kopierer auftretende Verfahren hat auch die Unterstützung vom konservativen Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Französische Bürgerrechtler kritisierten mehrfach, dass der französische Staatschef sehr eng mit der Medienindustrie vernetzt ist. So stand Denis Olivennes, Chef des Elektronik- und CD-Händlers FNAC, einem Ausschuss vor, der sich für das neue Gesetz einsetzte.
Im Juni hatten Frankreichs oberste Verfassungshüter den Plan gekippt, die bis zu einjährigen Internetsperren durch eine Behörde verhängen zu lassen. Darüber muss nun ein Richter entscheiden.
Dabei verschickt die eigens zur Verfolgung von Raubkopierern geschaffene Behörde zunächst zwei Abmahnungen. Wird der Missbrauch nicht eingestellt, kann sie vor Gericht ziehen. Dem neuen Entwurf zufolge drohen Raubkopierern dort jetzt aber umfangreichere Strafen: Neben der Sperre sind auch eine Geldbuße von bis zu 300.000 Euro und eine maximal zweijährige Gefängnisstrafe möglich.
Gesperrte Internetnutzer müssen zudem ihre Anschlussgebühren weiterzahlen. Neu ist, dass auch Internetabonnenten Strafen drohen, wenn Dritte über ihre Anschlüsse Raubkopien herunterladen. Sie riskieren dann eine Geldbuße von 1500 Euro und bis zu einen Monat Internetsperre.
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