■ Mit Credit Lyonnais auf du und du: Frankreichs Staatsbank schluckt die BfG
Frankfurt (dpa/taz) – Monatelang war zäh verhandelt worden. Gestern kaufte die französische staatliche Großbank Credit Lyonnais dann eine Mehrheit von 50 Prozent plus eine Aktie an der sanierungsbedürftigen Frankfurter Bank für Gemeinwirtschaft (BfG). Die französische Großbank will bei der BFG das Kapital erhöhen – zum Teil in bar und zum Teil durch die Einbringung seiner deutschen Niederlassung, kündigten die französischen Banker gestern an.
Die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen dem künftigen Mehrheitsgesellschafter und den Minderheitsaktionären würden in zusätzlichen Vereinbarungen festgelegt, erklärten die Verhandlungspartner.
Mit der Übernahme der BfG hat die Credit Lyonnais ihre Position als führende Universalbank der Welt außerhalb Japans konsolidiert und den Durchbruch auf dem deutschen Markt geschafft. Die Staatsbank ist in 73 Ländern vertreten und betreibt allein in Europa (ohne Frankreich) mehr als 700 Filialen. An ihrem aggressiven internationalen Wachstumskurs scheiterte im September 1991 das Projekt einer Kapitalverflechtung mit der Frankfurter Commerzbank AG.
Unter Berufung auf das „deutsche Vorbild“ erwarb die CL in den vergangenen Jahren gezielt „strategische“ Industriebeteiligungen. Kritiker behaupten, sie diene dabei dem Staat als Instrument für seine Industriepolitik. So kaufte die CL 1991 ein Fünftel des Kapitals des staatlichen Stahlkonzerns Usinor Sacilor. Auch bei den Plänen zur Stützung der staatlichen Luft- und Raumfahrtindustrie gilt die Bank als Joker.
Dabei machte die CL wiederholt negative Schlagzeilen mit hohen Fehlinvestitionen. So war die Bank einer der bedeutendsten Gläubiger des britischen Maxwell-Imperiums und der bankrotten Textilgruppe VEV. Sie war ebenso engagiert beim zusammengebrochenen französischen TV-Sender „La Cinq“ wie bei der kanadischen Immobiliengruppe Olympia + York. Im Mai sah sie sich gezwungen, den US-Filmkonzern MGM selbst zu kaufen, nachdem sie dessen Übernahme durch einen Finanzjongleur finanziert hatte.
Wegen der riskanten Engagements erhöhte die CL im 1. Halbjahr 1992 ihre Rücklagen um 54 Prozent auf gut sechs Milliarden Franc (1,8 Mrd. DM). Nach dem BfG-Deal soll nun die Konsolidierung Vorrang haben. Doch bisher wies die CL stets gute Bilanzen aus. Im französischen „Bankkrisenjahr“ 1991 stieg ihre Bilanzsumme auf 1,59 Billionen Franc (475 Mrd. DM). Während der Ertrag aus dem Bankgeschäft um 13,5 Prozent auf 46,3 Milliarden Franc (13,9 Mrd. DM) expandierte, schrumpfte der ausgewiesene Nettogewinn um zehn Prozent auf 4,1 Milliarden Franc (1,23 Mrd. DM). Die Gruppe zählt gut 70.000 Beschäftigte. Die Eigenmittel stiegen binnen fünf Jahren um das 2,6fache auf 50 Milliarden Franc (15 Mrd. DM).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen