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Frankreichs Shootingstar Felix LebrunVulkan an der Platte

Bester Europäer im Tischtennis ist der erst 18-jährige Franzose Felix Lebrun bereits laut Weltrangliste. Nun will er in Linz Europameister werden.

Das Markenzeichen von Lebrun ist der eigentlich aus der Mode gekommene Penholder-Griff Foto: Xinhua/imago

Es reichte noch nicht. Das Momentum war da, aber am Ende war der Weltmeister doch wieder eine Spur zu stark. Dabei hat der junge Franzose im Halbfinale der Olympischen Spiele von Paris 2024 alles Machbare versucht, und das Publikum stand begeistert und begeisternd wie eine Eins hinter dem Lokalmatadoren: Doch Fan Zhendong zeigte ihm noch einmal recht deutlich die Grenzen auf. 4:0 hieß es am Ende nach Sätzen; auf Fan wartete das Endspiel, das er gegen den Schweden Truls Möregårdh ebenfalls, wenn auch mit etwas mehr Mühe, gewann.

Félix Lebrun, der junge Shootingstar aus dem Süden Frankreichs, gewann immerhin noch Bronze im Spiel um Platz 3 gegen Hugo Calderano aus Brasilien. Ein Riesenerfolg für den damals noch 17-Jährigen.

Inzwischen ist er 18 und so etwas wie der Boris Becker für das französische Tischtennis. Es fehlt halt noch das Äquivalent zum Wimbledon-Sieg. In Linz, wo seit Dienstag die Tischtennis-Europameisterschaften im Einzel und Doppel stattfinden, bietet sich eine 1a Gelegenheit für ihn: Die Chinesen sind abwesend, Japaner, Koreaner, Iraner und Brasilianer auch. Europas Nummer 1 ist Lebrun bereits, zumindest inoffiziell: Weltranglistenplatz 7 als bester Europäer. Nur der große Titel, der fehlt wie gesagt noch.

Die European Games in Krakau hat er dieses Jahr bereits gewonnen, und das Star Contender von Mapusa (Indien), ein ranghohes Turnier aus der World-Series-Reihe des internationalen Tischtennisverbands, auch. Sollte es in Linz aus irgendeinem Grund nicht klappen, wartet fast direkt im Anschluss noch ein Heimspiel auf ihn, denn in Montpellier wird vom 22. Oktober an noch ein „Champions“-Turnier gespielt. Aber der Fokus liegt natürlich klar auf Linz.

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In Paris haben ihm in Halbfinale und kleinem Finale bis zu 6.400 Fans zugejubelt, und es ist stark anzunehmen, dass die Anmeldezahlen in französischen Vereinen vor allem dank ihm explodiert sind.

Bruder ebenfalls in der Weltspitze

Das Besondere an dem Franzosen ist weniger der Look, obwohl Brillenträger im Spitzensport nur selten zu bestaunen sind. Manch eine meint, Félix Lebrun sei so etwas wie der Buddy Holly des Tischtennis; sein Spitzname lautet aber lediglich „Féfé“, vermutlich eher wegen seines Vornamens als wegen des gleichnamigen französischen Rappers oder dem Gefängnisausdruck für Vagina.

Das Lustige ist ja, dass sein älterer Bruder Alexis (kurz Alex; auch erst 21), nicht ganz so erfolgreich wie er, aber immerhin Nummer 19 der Weltrangliste, fast genauso aussieht: dachsblonder Kurzhaarschnitt, Hornbrille. Brüder halt.

Féfés Clou ist also nicht unbedingt sein Aussehen, oder der scheinbar intellektuelle Touch, den er an die Platte trägt, sondern etwas anderes: Er spielt mit dem Penholder-Griff. Diese etwas old-school-hafte Griffhaltung schien lange passé, nicht einmal die Chinesen, seit Langem führende Nation im Tischtennis und Erfinder dieser Griffhaltung, benutzen sie noch. Schon gar nicht die ersten fünf aus der Weltrangliste, die alle aus China kommen.

Nicht einmal sein Bruder verwendet ihn, der spielt mit dem üblichen Handshake-Griff. Félix Lebrun sagt, dass er als Junge den Chinesen Chen Jian gut fand und sich von dem den Griff abgeschaut hat. Ob er damit dieser alten Technik zu einem breiten Comeback verhilft?

Tischtennis ist ein sehr technischer Sport, nicht nur was die Schläger betrifft, sondern auch das Material. Beläge, Hölzer: eine Wissenschaft für sich. Interessanterweise könnte sein größter Konkurrent in Linz von der anderen Seite kommen, Truls Möregårdh nämlich, der Olympia- und WM-Zweite, spielt mit einem Sechskantschläger von Stiga, das Neuste vom Neusten.

Angeblich ist die Sicherheit mit dem Kantenschläger eine höhere, auch die Schlagfläche ist größer als bei den üblichen abgerundeten Schlägern. Lebrun gegen Möregårdh: Das wäre nicht nur aus dieser Hinsicht ein Traumfinale bei der EM.

Es wäre auch das Duell Schlaumeier gegen Vulkan. Wobei der Schlaumeier hier der Schwede wäre, der gerne einmal ungewöhnliche Schläge einsetzt und die Gegner mit enormem Schnitt nervt. Während Félix Lebrun hart und schnell spielt und viel aus der Emotion kommt, wie man heutzutage sagt. Lebrun mag es, wenn er das Publikum hinter sich hat, und er vermag sich zu pushen. Er lässt sich allerdings auch mal arg hängen, wenn es nicht so läuft.

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