Frankreich Der sozialistische Präsident tritt nicht nochmal zur Wahl an. Gegen Fillon und Le Pen soll 2017 für die Linken jemand anders verlieren: Hollande wirft das Handtuch
aus Paris Rudolf Balmer
Die Ansprache war kurz, erwartet wurde sie seit Langem. „Ich habe beschlossen, bei den Präsidentschaftswahlen (von 2017) nicht für eine Erneuerung meines Mandats zu kandidieren,“ sagte Frankreichs Präsident François Hollande am Donnerstagabend im Fernsehen. Es war ihm anzusehen, dass ihm dieser Auftritt nicht leicht fiel. Sein Verzicht muss zwangsläufig als Eingeständnis einer Niederlage interpretiert werden. Es passt ins Bild einer tragikomischen Figur, dass Hollandes Verzichtserklärung die wahrscheinlich in Frankreich populärste Ankündigung seiner Präsidentschaft darstellt. Acht von zehn Befragten begrüßen heute diese Entscheidung.
Aus den Reihen der bürgerlichen und rechten Opposition hat Hollande mit seinem Verzicht bloß sein Versagen eingestanden. Der konservative Figaro hat nach eigenen Worten diesen Staatschef „ohne Grandeur“ längst verabschiedet und aus der Geschichte gestrichen: „Frankreich hat bereits weiter geblättert. François Hollande hat nicht auf eine Wiederwahl verzichtet, denn in Wahrheit war er nie Präsident.“
In seinem eigenen politischen Lager dagegen wurde Hollandes Schritt dagegen als „mutig“ und „verantwortungsvoll“ begrüßt. Premierminister Manuel Valls lobte die „schwere und gravierende Entscheidung eines Staatsmanns“. Die frühere Justizminister Christiane Taubira sprach von einem „Moment der Würde, wie man das in der Politik nur selten erlebt“.
Hollandes Rückzug ist eine historische Premiere – seit Bestehen der Fünften Republik hat jeder Präsident versucht, sich wiederwählen zu lassen, außer bei gesundheitlichen Problemen – und stellt nun eine Herausforderung für die gesamte Linke dar. Hollande räumt den Platz, er überlässt es anderen den Schlamassel vor der Wahlurne auszubaden. Seit seiner Wahl 2012 haben sich so viele Linkswähler von den Sozialisten abgewandt, dass sie bei allen Zwischenwahlen der letzten vier Jahre schwere Niederlagen einstecken mussten. Hollande ist nicht erst seit einigen Monaten, sondern schon fast von Beginn an so unpopulär, dass ihm keine reelle Chance auf eine Wiederwahl – oder auch nur auf ein ehrenhaftes Ergebnis – eingeräumt wurde.
Hollande räumt mit seiner Kapitulation ein, dass er seine Ziele nicht erreicht hat. Er hatte zu Beginn seiner Amtszeit gesagt, er wolle am Erfolg im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit gemessen werden. Jetzt hat er die Konsequenzen gezogen.
Zu dieser Bilanz gehört auch, dass die Sozialisten in einer historischen Krise stecken. Noch bevor Hollande seinen Rückzug ankündigte, haben mehrere seiner internen Kritiker und Exminister ihre Ambitionen angemeldet. Unter ihnen gilt der derzeitige Premierminister Manuel Valls neben Exminister Arnaud Montebourg als aussichtsreicher Bewerber bei Vorwahlen, welche die Sozialisten im Januar zur Nominierung ihres offiziellen Kandidaten veranstalten wollen.
Laut Umfragen würde Valls als Präsidentschaftskandidat aber bloß 8 bis 11 Prozent der Stimmen erhalten. Denn außerhalb der Regierungspartei sind bereits mehrere Persönlichkeiten aus dem linken Lager im Rennen, die nicht die Absicht haben, sich um den Segen der Sozialisten zu bemühen: der Linke Jean-Luc Mélenchoni, der sozialliberale Exwirtschaftsminister Emmanuel Macron, der Grüne Yannick Jadot, die Radikale Sylvia Pinel sowie mehrere Vertreter der extremen Linken. Allein das dürfte dazu führen, dass im Mai 2017 die Stichwahl zwischen dem Konservativen François Fillon und der Rechtsextremistin Marine Le Pen ausgemacht wird.
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