: Frank Stella
Frank Stella ist einer der wichtigsten lebenden amerikanischen Maler. Mit seinen ab 1958 entstandenen schwarzen und silbernen Streifenbildern war er unter den ersten Künstlern, die nach dem historischen Ende der amerikanischen Informelmalerei der fünfziger Jahre, des sogenannten abstrakten Expressionismus, eine neue konkrete Kunst begründen halfen. Schon diese Bilder kamen nicht ohne eine gewiß auch polemisch gemeinte Reverenz an die Tradition aus: sie waren gemalt mit den Farben, die Jackson Pollock zu verwenden pflegte, der schwarzen Emailfarbe der Marke „Duco“ und einem silberfarbenen Heizkörperlack. Heute sagt Stella von sich: „I am a conventional artist, for better or for worse“.
Sein Insistieren auf die Traditionsgebundenheit aller bildenden Kunst heute, mag besonders in der Bundesrepublik als Provokation empfunden werden. Das Nachkriegsdeutschland hatte Stellas Bilder bewundert, weil sie sich abwandten von den Prinzipien einer die Bildeinheit begründenden Komposition, wie sie in der Geschichte der europäischen Malerei entwickelt worden war und noch die konkrete Malerei zum Beispiel Mondrians bestimmte. So interpretierten die deutschen Kunsthistoriker, zum Beispiel Max Imdahl, Stella; auch zahlreiche Museumsankäufe zeugen von dem Wunsch, die eigene Vergangenheit vergessen zu dürfen und sich auf ein vermeintlich ganz Anderes zu konzentrieren. Es ist jetzt wieder Mode geworden, umgekehrt die Größe der nationalen Tradition hervorzuheben.
Stellas Hinweis darauf, daß sein malerisches Unternehmen sich immer schon als Untersuchung über „Malerei-Sein“ verstand, also die Gesetze der historisch begründeten Ausdrucksform der bildenden Kunst klären wollte, steht eigentümlich quer zu den bestehenden Rezeptionsfronten und scheint geeignet, Verhärtungen des Denkens aufzulösen.
Susanne Deicher
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