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Fragen zu Wulffs PrivatkreditVersprochen ist versprochen – oder nicht

Christian Wulff hatte im Fernsehinterview versprochen die 400 Fragen, die er zu seinem Hauskredit gestellt bekommen hat samt Antworten zu veröffentlichen. Das lehnt nun sein Anwalt ab.

Versprochen ist nicht immer versprochen: Wulff beim Fernsehinterview mit ARD und ZDF. Bild: dpa

BERLIN afp | Der Anwalt von Bundespräsident Christian Wulff hat die Veröffentlichung einer detaillierten Dokumentation von Fragen und Antworten zu der Affäre um Wulffs Hauskredit und Kontakte zu Unternehmern abgelehnt. Der Anwalt Gernot Lehr berief sich gegenüber dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel auf die anwaltliche Schweigepflicht, unter die der "im Mandantenauftrag geführte Schriftverkehr zwischen Anwälten und Dritten" falle.

In seinem TV-Interview mit ARD und ZDF hatte Wulff in der vergangenen Woche darauf verwiesen, dass er über seine Anwälte gut 400 Fragen von Medien unter anderem über seine Beziehungen zu Unternehmern beantwortet habe - und dies auch der Öffentlichkeit zugänglich machen wolle: "Ich geb' Ihnen gern die 400 Fragen, 400 Antworten", hatte Wulff gesagt. Er wolle in der Transparenz "neue Maßstäbe" setzen.

Bislang wurde der Fragen-Antwort-Katalog aber nicht herausgegeben. Wulffs Anwalt Lehr verwies nun gegenüber dem "Tagesspiegel" auf eine auf den 5. Januar datierte schriftliche Stellungnahme seiner Kanzlei, in der die Antworten auf die Medienfragen zusammengefasst worden seien. Wegen der Schweigepflicht "sowie aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit für alle Beteiligten ist eine zusammenfassende Stellungnahme erfolgt", sagte Lehr.

In der sechsseitigen Stellungnahme, die von der Kanzlei auch im Internet veröffentlicht wurde, geht es um den Privatkredit für Wulffs Eigenheim, seine Urlaube in den Anwesen befreundeter Unternehmer und die vom Unternehmer Carsten Maschmeyer bezahlte Zeitungsanzeige für ein Buch von Wulff. Die umstrittenen Beschwerdeanrufe Wulffs beim Springer-Verlag wegen kritischer Berichte werden darin nicht erwähnt. Wulff steht derzeit wegen eines privaten Hauskredits und seines Umgangs mit Medien in der Kritik. Einen Rücktritt lehnt er ab.

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12 Kommentare

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  • GS
    Guido Schümann

    Der gegenwärtige Bundespräsident, der vor einer Woche in die Rolle des ranghöchsten Lehrlings der Republik schlüpfte, gab sich im Fernsehgespräch mit zwei auserwählten Redakteuren zur besten Sendezeit phasenweise reu- und demütig und sicherte dem deutschen Volke umfassende Transparenz und schon für den Tag danach die Veröffentlichung aller Journalisten-Fragen und seiner diesbezüglichen Antworten im weltweiten Netz zu.

     

    Ein Mann, ein Wort? Oder doch eher ein Wulff - ein Wörterbuch? Das offenbar zur Selbstdemontage neigende Staatsoberhaupt hat das den Bürgerinnen und Bürgern gegebene Versprechen nicht gehalten und unter Hinweis der von ihm beauftragten Rechtsanwaltskanzlei auf juristische Spitzfindigkeiten lediglich eine stark verkürzte (und womöglich auch unvollständige) Zusammenfassung publizieren lassen.

     

    So wird die Herrn Wulff angeblich von vielen Menschen eingeräumte zweite (dritte, vierte, ...) Chance leichtfertig selbst verspielt.

     

    Der einzige Ausweg aus diesem Dilemma: Rücktritt, und zwar sofort!

  • W
    Wolf

    Dieser Mann ist eine schande f.d. Land, es erscheint, das ständig Erinnerungslücken sich auftun, macht versprechen zur Aufklärung und hält sich nicht an sein gegebenes Wort.

     

    Er ist nur noch peinlich und klebt an seinem Stuhl.

     

    Wann endlich wird er "zurückgetreten" werden ?

    Denn solch eine Person gab es noch nie in einem derartigen Amt.

     

    Er wird i.d. Geschichte eingehen, bestimmt nicht positiv !

  • N
    Nordwind

    Na passt doch. Erst die große Ankündigung einer Transparenzoffensive und dann wird zur Exekution des Wortbruchs der Anwalt vorgeschoben.

     

    Gehört zum Standardrepertoire der PR-Berater egomanischer Politdarsteller.

     

    Also wieder nichts neues.

  • JH
    Jürgen Holthusen

    Wenn die Anwälte keine Veröffentlichung wollen, so doch aber wohl die Journalisten, die diese 400 Fragen gestellt haben, oder?

    Da nur Journalisten Fragen stellen durften, müssen doch auch bei diesen die Antworten eingegangen sein,oder?

    Wo bitte ist das Problem, wenn ich sage: Warum liebe Journalisten dieses Landes bringt ihr nicht alle Fragen und Antworten in einen Pool (Presserat o.ä.), aus dem heraus die Doku gefertigt wird?

     

    Oder bin ich zu naiv?

  • R
    Robert

    http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/dokumente/%C2%BBwer-rettet-am-ende-die-retter%C2%AB

     

    Könnte weiterhelfen, um herauszufinden, was hier wirklich läuft.

  • B
    bagelcat

    Hey - wir leben in Zeiten des Internet. Wieso werfen denn dann die Fragesteller nicht einfach Ihren Schriftverkehr öffentlich zusammen? Die dürfen ja...

  • W
    wessinger

    Es handelt sich hier um eine inszenierte Kampagne.

    Den Fahrplan dazu hat der Berliner Tagsspiegel gestern veröffentlicht:

     

    http://www.tagesspiegel.de/meinung/kontrapunkt-wie-ein-skandal-gemacht-wird/6046546.html

     

    Kein Zweifel! Der Mann hat sozusagen Dreck am Stecken, aber das haben die meisten anderen Politiker auch.

    Warum soll aber grade er jetzt weg geschossen werden?

    Hier ist wahrscheinlich die Antwort:

     

    http://www.godmode-trader.de/nachricht/Das-Bauernopfer,a2729785.html

  • F
    FranKee (Pirat)

    > "praktischen Handhabbarkeit"

     

    Echt? Was ist denn schwer daran,

     

     

    1) aus 400 Antwortschreiben die eigentliche Antwort rauszukopieren. [um Journalisten- und Verlagsadressen zu schützen, falls das ernsthaft nötig ist...]

     

    2) Diese in ein Textdokument zu paste-en (ansonsten kann man sich von einschlägigen CDU-Kollegen helfen lassen] und

     

    3) auf einen Webserver zu stellen?

     

    Was ist an einer 200kb Datei nicht handhabbar?

    Oder waren es 400 kb. Sollte machbar sein.

     

    Da Herr Wullf *alle* Anfragen beantworten will, kann die TAZ seine Anwälte das ja mal als nächstes fragen.

     

    Damit, dass das Ergebnis redundant und vielleicht etwas unübersichtlich ist, damit kommt eine interessierte Öffentlichkeit sicherlich zu recht :D

     

    Womit auch der Grund der Weigerung klar ist: Vermutlich hat Wulff einfach keine Lust, die Leute wechselseitig auf neue Ideen zu bringen. Zumal die Masse und Motivation der crowd (intelligence) noch um Faktoren höher sein dürfte als bei vroniplag&co.

     

    * (irrelevante aber lustige) Theorien rund um Chateau XY

     

    * Bettina's Product Placement Deal (so darf man das wohl nennen, wenn man Kleider nicht bezahlen muss, dafür aber natürlich darauf gehofft wird, dass diese getragen werden)

     

    * und eine lange Liste von Hannoveraner Schmuh. Gegenüber den FROWs müssen die FROGs ("Friends of Gerd", geflügeltes Wort in Hannover) geradezu vor Neid erblassen...

     

    Eines noch:

     

    Auf einer politischen Flugreise mit zu dürfen ist in Anbetracht der sich dadurch ergebenden erstklassigen Kontaktgelegenheiten übrigens auch dann eine Vorteilsgewährung, wenn pro Forma für den Flug bezahlt wurde.

     

    Diesen Aspekt vermisse ich etwas in der Berichterstattung. Es geht dabei sicherlich nicht um die equivalenten Kosten eines Linienfluges.

  • T
    tazitus

    400 Antworten auf 400 Fragen. Für einen gelernten Anwalt ist das zu wenig.

  • M
    mephiske

    Werter Gast!

     

    Das Haus "Bellevue" dankt für Ihren Besuch.

    Schlüssel bitte unter die Matte legen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Volk

     

    PS: Unsere Empfehlung "Pension Maschmayer"

     

    Mephiske

  • H
    herbert

    Ein Wulff-Versprechen,

    er hat sich bestimmt versprochen.

  • TH
    Tanja Hiort

    So langsam werde ich der Wulff-Geschichten überdrüssig.

    Jeden Tag wird ein neues, vermeintlich brisanteres, Detail veröffentlicht. Gibt es keine wichtigeren Dinge? Aus der Vergangenheit wissen wir doch, dass selbst ein " Lügenbaron" aus Franken wieder gesellschaftsfähig werden kann.. Einfach warten. Allerdings gibt es einen kleinen Unterschied. Der Baron ist gegangen! Herr Wulff hat diesen Zeitpunkt leider längst verpasst. Ich denke, dass wir uns den Bundespräsidenten schenken können. Sternsinger können auch von Herrn Lammert empfangen werden und die Folgekosten( bei voller Amtsausführung mit lebenslangem Chauffeur , Büro etc.) würden der Staatskasse enorm dienlich sein.

    Gibts nicht einen Job in Brüssel??? Dahin werden doch alle ungeliebten Würdenträger abgeschoben?! Scheinbar sind in unserem Land alle Probleme schon gelöst, so dass wir die Wulff-Story zur Unterhaltung benötigen.

    Bitte wieder den echten Problemen zuwenden.

    Die Asse stinkt, die Hühner eignen sich als Medikament und der Euro humpelt. Also, es gibt genug zu tun!