Fotos Gefangener in Syrien: Dokumentation von 11.000 Tötungen
Fotos aus Syrien sollen die systematische Tötung und Folter von gefangenen Rebellen zeigen. Ein ehemaliger Fotograf der Militärpolizei hat sie Medien zugespielt.
LONDON rtr | Ein früherer Fotograf der syrischen Militärpolizei hat einem Zeitungsbericht zufolge Bilder vorgelegt, auf denen die systematische Tötung von 11.000 Gefangenen dokumentiert ist. Die Aufnahmen könnten nach Ansicht von drei renommierten Rechtsexperten in Kriegsverbrecherprozessen gegen Verantwortliche der syrischen Regierung verwendet werden, berichtete die britische Zeitung Guardian.
Die dargestellten Leichen der Gefangenen waren demnach ausgemergelt und zeigten Spuren von Folter. Manche hätten keine Augen mehr gehabt. Andere Gefangene seien offenbar gewürgt worden oder durch einen Stromstoß ums Leben gekommen.
Die USA und andere westliche Regierungen werfen dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad schon länger vor, beim Kampf gegen die Rebellen Kriegsverbrechen begangen zu haben. Der Machthaber weist dies von sich und hat wiederholt erklärt, gegen Terroristen vorzugehen. Die Aufnahmen dürften den Druck auf Assad kurz vor Beginn einer Friedenskonferenz im schweizerischen Montreux am Mittwoch erhöhen.
Die digitalen Bilder wurden dem Bericht zufolge zwischen März 2011 und August 2013 aufgenommen und von dem früheren Fotografen auf Speicher-Sticks außer Landes geschmuggelt. Drei frühere Ankläger von Kriegsverbrechertribunalen für Ex-Jugoslawien und Sierra Leone hätten die Fotos gesichtet und den Mann dreimal befragt. Sie hielten ihn für glaubwürdig, berichtete der Guardian weiter.
Experte spricht von eindeutigem Beweis
Bei den Juristen handelt es sich um die Briten Desmond de Silva und Geoffrey Nice sowie den Amerikaner David Crane. Ihren Bericht fertigten die Experten dem Blatt zufolge im Auftrag einer Londoner Kanzlei an, die das Golfemirat Katar vertritt. Die Regierung des sunnitischen Landes gehört zu den wichtigsten Kritikern Assads, dessen Alawiten dem Schiitentum nahestehen.
Die Leichen wurden dem Guardian zufolge fotografiert, um etwa zu belegen, dass Anweisungen zur Tötung von Gefangenen befolgt wurden. Ihren Angehörigen sei gesagt worden, dass die Todesursache entweder „Herzinfarkt“ oder „Atemprobleme“ gewesen sei.
De Silva sprach in der Zeitung von „belegten Tötungen in einem industriellen Ausmaß“. Es handele sich um einen aussichtsreichen Fall. „Das ist ein eindeutiger Beweis, den es bisher nicht gab.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel