Fotorecht in der katholischen Kirche: DJV kritisiert Vorgaben für Fotografen
Die katholische Kirche will Kameraleuten und Fotografen genaue Vorgaben für Aufnahmen machen. Der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert dies.
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Kamerateams und Fotografen würden vonseiten der Kirche genaue Vorgaben für Bildaufnahmen gemacht werden. So soll die Abbildung intensiver persönlicher Trauer, inniger Gebete oder des Kommunionempfangs genau wie die Abbildung von Personen unter 16 Jahren in der Kirche grundsätzlich verboten werden. Einzelne Kirchenbesucher sollen nicht im Fokus stehen. Zudem soll es in der Kirche „übertragungsfreie Bereiche“ geben. Diese Vorgaben seien „ein großer Eingriff in die Arbeit von Presse und Rundfunk“, so der DJV.
In Deutschland gelten für Bildaufnahmen die Paragrafen 22 und 23 des Kunsturhebergesetzes (KUG). Danach gelten für den Grundsatz, dass Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden dürfen, bestimmte Ausnahmen: zeitgeschichtliche Bilder, Veranstaltungen und Versammlungen, Landschaftsaufnahmen und Bilder, bei denen die „Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient“. Der DJV nennt hier als Beispiele, bei denen die Verbreitung von Aufnahmen zulässig sei, Gottesdienste oder Prozessionen, die Einweihung von Kirchen oder Außenaufnahmen von Kirchen, vor denen Personen stehen.
Diese Regelungen werden von der katholischen Kirche nach Ansicht des DJV nicht einbezogen. Bereits im Mai 2018 trat auf Grundlage der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das neue Gesetz über den kirchlichen Datenschutz (KDG) in Kraft. Es fehle momentan eine klare Aussage, ob nach Überzeugung der Kirche für die außerkirchliche Medienarbeit das KUG oder das KDG gelte.
Keine Einschränkung in der evangelischen Kirche
Journalisten für außerkirchliche Medien hätten dadurch „weniger rechtliche Klarheit“ als sonst in der Gesellschaft, dies sei „für praktisch (und täglich) arbeitende Journalisten gleichbedeutend mit weniger Rechten“. Journalisten innerkirchlicher Medien hätten innerhalb der katholischen Kirche mehr Rechte als sonstige Journalisten, da sie nach KDG genehmigungsfrei Daten verarbeiten können. In einem Vorstandsbeschluss, der der taz vorliegt, fordert der DJV die katholische Kirche in Deutschland auf, „die Arbeit von Bildjournalistinnen und Bildjournalisten nach den bewährten Grundsätzen des Presse- und Fotorechts ohne weitere Einschränkungen zu gewährleisten“.
„Es muss für Bildjournalisten weiterhin möglich sein, bei Veranstaltungen in Kirchen Aufnahmen zu machen“, fordert der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. „Die Kirchen sind Teil des gesellschaftlichen Lebens. Das muss sich in der Berichterstattung wiederfinden.“ Nach Ansicht des DJV gehören zur Presse- und Rundfunkfreiheit „das Recht zum selbstbestimmten Arbeiten, die Berechtigung zum Erfassen beliebiger Situationen und die (erst) anschließende Auswahl geeigneten Materials“. Der Verband weist zudem darauf hin, dass auch das Kunsturhebergesetz die Möglichkeit enthält, sich gegen eine Veröffentlichung von Bildern zu wehren, wenn das berechtigte Interesse von Abgebildeten verletzt ist.
Überall würde es begrüßen, wenn die katholische Kirche die Praxis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) übernehmen würde. Dort gebe es keine Beschränkungen für Journalisten. Die EKD hatte dem DJV bereits im November 2018 mitgeteilt, dass auch nach Inkrafttreten der DSGVO weiterhin das im KUG geregelte Bildrecht „ohne Einschränkung“ gilt.
Freelens, ein Berufsverband für Fotojournalisten und Fotografen, teilte auf Anfrage der taz mit, dass seine Mitglieder noch nicht berichtet haben, dass es Probleme mit der Berichterstattung aus kirchlichen Räumen gebe. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) konnte sich am Montag auf Anfrage der taz nicht zu den Forderungen des Journalistenverbands äußern. „Wir müssen den Sachverhalt zunächst prüfen“, teilte eine Sprecherin mit. Ob das Gesetz über den kirchlichen Datenschutz im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Fotos strenger als die DSGVO sei, lasse sich „derzeit angesichts der heftigen Debatte um dieses Thema und die dadurch ausgelösten Unsicherheiten auch im weltlichen Bereich nicht abschließend beurteilen“, heißt es auf der Seite der DBK.
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