Fotografie: Viele Wege, viele Ecken
Die Hamburger FotografInnen-Vereinigung "Klubfoto" zeigt eine Ausstellung zum Thema "unterwegs" -und setzt dabei auf Bandbreite.
Jeder Mensch will ständig unterwegs sein. Natürlich. Wer unterwegs ist, der nimmt am Leben teil. Selbst wer den ganzen Tag sprichwörtlich in einen Sessel furzt, tut dies unter Hinweis auf sein - geistiges - Unterwegssein. Das Unterwegssein ist durchweg positiv besetzt.
Vor diesem Hintergrund ist das Foto von Christian Grund interessant, das jetzt bei der diesjährigen Ausstellung der Hamburger FotografInnen-Vereinigung Klubfoto zu sehen ist. Die Ausstellung ist so organisiert, dass die MacherInnen die FotografInnen bitten, ein Bild zu einem bestimmten Thema beizusteuern - und dieses Thema lautete in diesem Jahr: "unterwegs". Der Züricher Grund nun entschied sich für das Foto einer Frau, die in ihrem Auto sitzt und offenbar gerade etwas Schreckliches zu sehen bekommt. Man denkt an einen Unfall. Und daran, wie übel es sein kann, im Auto unterwegs zu sein.
Grund ist einer von insgesamt 89 FotografInnen, die nun in Hamburg je eine Arbeit zeigen. Vom Klubfoto-Team wurde nur bestimmt, wer mitmachen darf - alle 89 haben selbst ausgesucht, welches Bild sie präsentieren wollen. Bei einer, nun, normalen Ausstellung würde der Kurator diese Entscheidung nicht aus der Hand geben.
Das Klubfoto-Team aber will, dass die Ausstellung nicht "glatt geschliffen" wird, sondern "die Ecken drinbleiben", sagt Martin Luther von Klubfoto. Zu sehen sind da Bilder von Reportage-, Industrie- oder Beauty-Fotografen, für die "unterwegs" bedeuten kann, eine schwangere Frau abzulichten. Oder die Landebahn eines Flughafens. Oder ein Kind, das über ein Seil balanciert. Oder ein Fluss, der sich durch ein Hochgebirgsmassiv schlängelt. Eine ausgesprochen große Bandbreite also, die der Ausstellung in der Vergangenheit bereits die Bezeichnung "Bolzplatz der Fotografie" eingebracht hat.
Entstehen soll so ein Forum für zeitgenössische Fotografie, eine Gelegenheit für die Fotografen, sich zu präsentieren. Möglicherweise wird auch das eine oder andere Bild verkauft: Von jeder Arbeit gibt es eine Edition, jeweils zehn nummerierte und handsignierte Exemplare. Außerdem wird zur Ausstellung ein Magazin produziert, das den Fotos literarische Beiträge zum Thema zur Seite stellt.
Zum größten Teil kommen die beteiligten FotografInnen aus Hamburg, aber es sind auch einige aus Berlin, Zürich, Barcelona und diversen anderen europäischen Städten dabei. Gezeigt wird die Ausstellung an Bord des ehemaligen Stückgutfrachters und heutigen Museumsschiffs Cap San Diego an den Landungsbrücken im Hamburger Hafen. Vielleicht ist sie danach auch selbst unterwegs: In der Vergangenheit wanderten die Klubfoto-Ausstellungen weiter an andere Orte - zur großen Freude der OrganisatorInnen.
Vernissage: Samstag, 5. 6., 20 Uhr, Cap San Diego, Hamburg. Eintritt frei. Bereits um 14 Uhr bricht das Schiff zu einer "Mini-Kreuzfahrt" auf, Teilnahme: 119 Euro pro Person. Infos: www.klubfoto.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!