piwik no script img

Fosters sparsamer Öko-Reichstag

■ Der englische Architekt will durch Reichstagsumbau die Energiekosten um jährlich zwei Millionen Mark senken

Der alte Berliner Reichstag soll sich mit – oder trotz – der geplanten historisierenden Kuppel zu einer baulichen und ökologisch- technischen Innovation wandeln. Speziell das Energiekonzept für das Gebäude „basiert auf einer rationellen Nutzung von Licht, Wärmeproduktion und Entlüftung“, sagte der Architekt Norman Foster (London) am Montag abend bei einem Werkbericht zur Reichstagsplanung. Danach bestehe die Möglichkeit, die hohen Betriebskosten von derzeit jährlich rund 2,4 Millionen Mark auf rund 400.000 Mark zu senken.

Das Tageslicht etwa möchte Foster durch einen „kontrollierten Lichteinfall“ – ohne Verschattung und Blendwirkung – über die Dachkonstruktion und Terrassen in den Plenarsaal und andere Räume führen. Selbst die Strahlen der tiefstehenden Sonne können über Umlenkspiegel in das Innere des Reichstags geleitet werden. Somit werde eine zusätzliche Lichtausbeute erreicht und der Griff zum Lichtschalter seltener, erklärte Foster.

Vor der Entscheidung des Ältestenrates des Bundestages im Juni für die Kuppellösung hatte sich der englische Architekt für einen Glaszylinder als Dachaufbau eingesetzt. In dem Glasturm ließen sich die technischen Erneuerungen besser integrieren als in der Kuppel. Nun komme es darauf an, sagte Foster, die Techniken mit dem Kuppeldach bis zur Fertigstellung des Reichstagsumbaus 1998 umzusetzen. Bei der Sanierung des Gebäudes will sich Foster auf das Wallotsche Konzept der Lüftung durch Schächte beziehen. Mark Braun, Fosters Projektleiter, wies in einem Gespräch mit der taz auf die ökologische Dimension dieser Entscheidung hin. So werde der Energieaufwand bei der Luftführung im Gebäude durch die Anwendung von Thermik und Luftsog verringert. Der derzeit durch die in den sechziger Jahren eingebauten Zwischendecken beeinträchtigte Reichstag könne durch die neue Raumaufteilung weit besser belüftet werden. Auch die Wärmeenergie und ihr Verbrauch sollen durch ein Kreislaufsystem von Wärmeerzeugung und Umwandlung in Kühlung wirtschaftlicher werden. In Fosters Konzept verpuffe die Energie nicht, demonstrierte Braun, sondern werde mittels neuer Techniken wiederverwandt.

Im Unterschied zu Fosters geplanten Energiesparvorstellungen für den Reichstagsumbau sind die Öko-Bilanzen der aktuellen neuen Berliner Architekturen geradezu konventionell, wenn nicht rückständig. Die Mehrzahl der steinernen Buletten entlang der Friedrichstraße kümmert sich nicht um energietechnische Innovationen, weil die Planer und Bauherren wenig Interesse an Neuem signalisieren. So berichtet eine Mitarbeiterin von Jürgen Sawades „Haus Pietsch“ an den „Linden“ von einem klassischen Energiekonzept in dem Haus und der Einrichtung einer zusätzlichen Kühldecke für ein besseres Raumklima. „Die Betriebskosten bleiben aber dieselben.“ Trotz vieler Energiesparansätze und Senatsprogramme, sagte der zuständige Leiter in der Bauverwaltung, Förster-Baldenius, sei es bei Vorzeigeobjekten und Bemühungen geblieben, obwohl das Thema eine Herausforderung für Bauherren und Architekten sein müßte. „Das Problem ist nur, daß kaum jemand etwas davon versteht.“ Rolf Lautenschläger

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen