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Fortgesetztes Grauen

■ Erneut Leichen von 36 Muslimen und Kroaten in einem Massengrab gefunden

Sarajevo (AFP/dpa/taz) – In der Nähe der zentralbosnischen Stadt Jajce sind die Leichen von 36 Muslimen und Kroaten in einem Massengrab gefunden worden. Nach bisherigen Erkentnissen wurde das Massengrab nach der serbischen Eroberung der Stadt im Oktober 1992 angelegt. In dem Massengrab in Carevo Polje könnten bis zu 50 Leichen verborgen sein, sagte Jerko Radić von der bosnisch-kroatischen Behörde für Gefangenenaustausch und Vermißte.

Der Ort des Massengrabes war bereits vor acht Monaten entdeckt worden, als die bosnisch-kroatischen Einheiten den Serben die Kontrolle über die Region Jajce wieder entrissen. Radić sagte dem bosnischen Fernsehen, unter den Getöteten seien vor allem Frauen. Dies sei ein Beweis dafür, daß die bosnischen Serben „Völkermord“ begangen hätten.

In ganz Bosnien werden mehr als 100 Massengräber vermutet. Neben den bosnischen Behörden sind der UNHCR und andere internationale Organisationen mit der Suche und der Exhumierung der Opfer befaßt. Auf diese Weise soll das Schicksal von Tausenden von Vermißten geklärt werden. Zugleich wird damit Beweismaterial für Verfahren gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher gesichert.

Vertriebene Muslime aus der zentralbosnischen Region Teslić haben über neue Fälle von Zwangsarbeit in der „Serbischen Republik“ berichtet. Die bosnisch- serbischen Behörden hätten sie zu einfachen unbezahlten Arbeiten gezwungen, sagten die Flüchtlinge nach ihrer Ankunft in der muslimisch-kroatischen Föderation. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR und die UN-Polizei IPTF bestätigten die Berichte gestern, sprachen aber von Einzelfällen.

Der UNHCR kritisierte, daß die bosnischen Serben den Opfern der neuen Vertreibungen Rückkehrpapiere ausstellten, für die sie Geld bezahlen mußten. Dies sei ein Versuch der bosnischen Serben, eine echte Grenze zwischen der Föderation und der „Serbischen Republik“ einzurichten. UNHCR-Sprecher Kris Janowski: „Das ist eine Verletzung des Friedensabkommens.“

Die Ifor will ihre Patrouillen im Raum Pale, dem Amtssitz des bosnischen Serbenführers Radovan Karadžić, verstärken. Pale werde zwar nicht umstellt, aber es werde jetzt Tag und Nacht Patrouillen geben, sagte der zuständige Kommandeur der Ifor-Truppen. Die Ausweitung der Streifentätigkeit soll die Festnahme der Kriegsverbrecher erleichtern. In der serbischen Teilrepublik demonstrierten am Dienstag rund 8.000 Serben ihre Unterstützung für Karadžić und seinen Armeechef Ratko Mladić. Ungefähr 5.000 Menschen beteiligten sich nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Beta an der Demonstration in der südostbosnischen Stadt Foca, weitere 3.000 in Bijeljina im Nordosten.

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