Forscher warnen vor Gesundheitsrisiko: Schädliche Vitaminpräparate
Immer mehr Studien zeigen: Vitaminpräparate aus der Apotheke oder Drogerie können gefährlich sein. Vitamin E beispielsweise könne das Risiko für Hirnblutungen erhöhen.
Das Image der Vitamine ist perfekt. Kein anderer Stoff aus der Nahrung mauserte sich derart zum Inbegriff für Gesundheit und ein langes Leben. Ihre Präparate machen mittlerweile allein hierzulande einen Umsatz von jährlich 1,2 Milliarden Euro. Dabei spricht die wissenschaftliche Datenlage keineswegs eindeutig dafür, dass Vitamine unser Leben verlängern können. Im Gegenteil. In hoher Dosierung können sie es sogar verkürzen.
Als Mitte November die American Heart Association zu ihrem Jahreskongress zusammenkam, berichtete man wohl von positiven Effekten einer obst- und gemüsereichen Ernährung, doch die Bilanz zu Vitaminpräparaten fiel ernüchternd aus. So hatte eine Studie an 14.641 Ärzten keinerlei Hinweise dafür finden können, dass mit Vitamin C oder E auch nur ein einziger Herzinfarkt verhindert werden könnte.
"Unter Vitamin C starben 857, unter Plazebo 804 Probanden", erklärt Studienleiter Howard Sesso vom Brigham and Womens Hospital in Boston, "unter Vitamin E starben 841, in der Kontrollgruppe 820." Auffällig war zudem, dass Vitamin E offenbar das Risiko für Hirnblutungen erhöhte.
Dänische Forscher kommen in einer Analyse von 47 klinischen Vitaminstudien zu dem Schluss, dass Vitamin-C-Präparate das Leben nicht verlängern - und die Vitamine A und E sowie Beta-Carotin es sogar verkürzen können. Bleibt die Frage, wie etwas, das den Körper nachgewiesenermaßen vor den berüchtigten freien Radikalen schützt, schädlich sein kann. Eine der möglichen Antworten liegt im widersprüchlichen Wesen der freien Radikale. Die verursachen nämlich nicht nur schädliche Oxidationen. "Sie stoßen auch wichtige Abwehrmechanismen des Körpers an", erklärt Goran Bjelakovic, Internist von der Universität Nis in Serbien. Es sei daher nicht immer sinnvoll, sie durch Vitamine auszubremsen.
Zudem verwandeln sich einige Vitamine wie etwa Beta-Carotin selbst zu freien Radikalen, die dann wiederum von anderen Substanzen ausgeschaltet werden müssen - und weil die eben in Vitaminpräparaten, im Unterschied zu natürlichen Biostoffquellen wie Obst und Gemüse, oft fehlen, kann aus der gut gemeinten Ergänzung plötzlich ein Gesundheitsrisiko werden.
Wie überhaupt vieles dafür spricht, so Bjelakovic, dass synthetische Präparatvitamine anders wirken als ihre Pendants aus der Natur. Ernährungsmediziner Konrad Biesalski von der Uni Hohenheim kann dies nicht nachvollziehen: "Der menschliche Organismus unterscheidet weder bei der Aufnahme noch im Stoffwechsel zwischen isolierten Vitaminen in Supplementen und denen aus Lebensmitteln."
Nichtsdestoweniger betont auch Biesalski, dass zusätzliche Vitamine einem gesunden Menschen nichts nutzen. Vorausgesetzt, dass er sich ausgewogen ernährt. Doch die Chancen dafür stehen gut, insofern die Lebensmittel heute nicht weniger Vitamine enthalten als früher. Einige Werte gingen sogar nach oben. So enthält die Salami mittlerweile, zu Konservierungszwecken, auf 100 Gramm 20 Milligramm Vitamin C - davon kann ein Apfel nur träumen.
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