Forscher über Schutzzonen in Antarktis: „Deutschland hat eine führende Rolle“
Der Meeresforscher Stefan Hain hofft darauf, dass die Schutzgebiete für die Antarktis angenommen werden. Der intakte Lebensraum sei einzigartig.
taz: Herr Hain, wie groß sind die Chancen, dass sich in Bremerhaven alle einig werden?
Stefan Hain: Bei der Tagung stoßen unterschiedliche Interessen aufeinander. In der Kommission finden sich einerseits Staaten, die Fischerei betreiben, andererseits Länder, bei denen umweltpolitische Interessen im Vordergrund stehen. Ich hoffe, dass die Vorschläge für die Schutzgebiete im Rossmeer und in der Ostantarktis angenommen werden.
Welche Interessen vertritt Deutschland?
Der Meeresschutz liegt Deutschland sehr am Herzen. 30 Prozent der nationalen Gewässer, zum Beispiel das Wattenmeer, sind bereits geschützt. Auch bei der Einrichtung von Schutzgebieten auf hoher See hat Deutschland eine führende Rolle. Unter Federführung des Alfred-Wegener-Instituts forscht Deutschland seit über 30 Jahren im Wedellmeer, dem größten der rund 14 Randmeere des Südlichen Ozeans am antarktischen Kontinent.
Was genau soll nun geschützt werden?
Die Antarktis ist weltweit einer der intaktesten Lebensräume mit weitgehend unberührten Lebensgemeinschaften. Im Rossmeer und in der Ostantarktis soll nicht nur das Fischen, das bisher erlaubt ist, reguliert und eingeschränkt werden. Die Vorschläge sehen Gebiete vor, wo die Fischerei ganz verboten ist, und Zonen, wo gefischt werden darf – allerdings mit Auflagen und Kontrollen, die sicherstellen, dass die Bestände nachhaltig und umweltfreundlich genutzt werden. Die gesamte Region bietet auch einen einzigartigen Lebensraum für Pinguine, Robben oder Wale. Am Meeresboden findet sich eine faszinierende Organismenwelt, in ihrer Vielfalt und Schönheit vergleichbar mit tropischen Korallenriffen.
ist Leiter der Stabsstelle Umweltpolitik am Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung.
Ein Beispiel?
Hier gibt es großflächige, waldähnliche Schwammgemeinschaften am Meeresboden. Einzelne Schwämme werden bis zu 1,80 Meter hoch und bieten ihrerseits Raum für Tausende von Lebewesen. Es handelt sich bei der Unterwasserwelt also um ein sehr sensibles System.
Droht der Abbau von Rohstoffen am Meeresgrund das antarktische Meer zu gefährden?
Nein. Das 1991 beschlossene Umweltschutzprotokoll zum Antarktisvertrag verbietet alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit mineralischen Ressourcen in den Südpolargebieten südlich des 60. Breitengrads, also auch den Abbau mineralischer Rohstoffe, einschließlich der Exploration und Förderung von Öl und Gas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja