Forderung nach Baustopp Israels: Obama will es schriftlich
US-Präsident Obama fordert von Ministerpräsident Netanjahu eine Selbstverpflichtung Israels zu einem Bausstopp im Westjordanland. Seine Koalition geriete damit in Gefahr.
Noch will Israels Premierminister nichts unversucht lassen, um das Weiße Haus zu versöhnen und gleichzeitig seine Koalition zu halten. "Ich brauche die Zustimmung des Kabinets", erklärte Benjamin Netanjahu kurz vor seiner Abreise aus den vereingten Staaten. Im Anschluss an die ergebnislosen Gespräche mit US-Präsident Barack Obama berieten Vertreter der beiden Regierungschefs über einen Katalog von Maßnahmen, die Israel erfüllen muss, um indirekte Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zu ermöglichen.
Palästinenserpräsident Machmud Abbas hatte seine grundsätzliche Bereitschaft zum Dialog zurückgenommen, als bekannt wurde, dass Israel den Bau von 1600 neuen Wohnungen in Ostjerusalem plant.
Die Regierung in Washington verliert zusehends ihre Geduld mit Israel. Noch vor dem Wochenende und dem Beginn des Gipfeltreffens der Arabischen Liga, die auch über den israelisch-palästinenischen Friedensprozess beraten will, sollen die schriftlichen Verpflichtungen der israelischen Regierung vorliegen. Dazu gehört der sofortige Baustopp in den palästinensischen Viertel Ostjerusalems sowie eine Verlängerung des auf zunächst zehn Monate festgelegten Baustopps in den Siedlungen im Westjordanland. Die jüdischen Stadtteile in Ostjerusalem wären demnach von dem Baustopp nicht betroffen.
Dringenden Erklärungsbedarf signalisierten die Amerikaner wegen der am Dienstag abend bekanntgewordenen Genehmigung für den Bau von 20 Wohnungen in dem palästinensischen Viertel Scheich Djarrach. Das fortgesetzte Baugeschehen sei "destruktiv für den Friedensprozess", ließ das Weiße Haus verlauten. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte das "illegale" Bauprojekt "im Herzen eines arabischen Wohnviertels".
Laut Informationen der "Jerusalem Post" soll sich Israel dazu bereiterklären, über alle Kernfragen des Konflikts zu verhandeln, auch über eine mögliche Teilung Jerusalems, was Netanjahu stets ablehnte. Zu dem Forderungskatalog des Weißen Hauses gehörten ferner eine Reihe von vertrauensbildenden Maßnahmen, darunter die Entlassung von mehreren Hundert palästinensischen Häftlingen.
"Der Wohnungsbau in Jerusalem ist bedingungslos", kommentierte Vize-Premierminister Silvan Schalom (Likud) und wunderte sich über die Position der USA, die doch wissen müssten, dass Israel der einzige Staat sei, "auf die sie sich verlassen können". Innenminister Eli Ischai (Schass) provozierte erneut: "Ich danke Gott für die Gelegenheit, der Minister zu sein, der den Neubau von Tausenden Wohnungen in Jerusalem genehmigt."
Selbst wenn Ministerpräsident Netanjahu von seiner bislang kompromislosen Haltung abweichen sollte, wird ihm mit seiner aktuellen Regierung eine Einigung mit Präsident Obama kaum gelingen. "Die Koalition ist in Gefahr", zitierte die auflagenstärkste Zeitung "Yediot Achronot" bereits einen Minister der Arbeitspartei. Oppositionschefin Zipi Livni (Kadima) soll verhandlungsbereit sein, vorausgesetzt die Schass und "Israel Beteinu", die Partei von Außenminister Avigdor Lieberman, würden die Koalition verlassen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung