Forderung der Innenminister: Asylentscheidungen im Schichtbetrieb

Die Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sollen mehr arbeiten, finden die Innenminister der Länder.

Konnte selbst die „einfachsten Fragen“ nicht beantworten: BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise. Sagen zumindest die Innenminister. Foto: reuters

KOBLENZ taz | Die Innenminister der Länder waren fast schon wütend. „Kommunen und Länder schaffen es in diesem Jahr, eine Million Flüchtling unterzubringen, aber die Asylverfahren, für die der Bund zuständig ist, dauern immer noch viel zu lange“, kritisierte NRW-Innenminster Ralf Jäger (SPD) zum Abschluss der Innenministerkonferenz (IMK) in Koblenz.

Eingeladen war am Freitag vormittag der neue Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Frank-Jürgen Weise. Er schilderte den Innenministern, dass er die Produktivität des Bundesamts bereits von 1.000 auf 1.600 Entscheidungen pro Tag gesteigert habe. Weitere Fortschritte seien möglich, wenn wie geplant neben den aktuell 3.300 Mitarbeitern zusätzlich 4.000 neue Mitarbeiter eingestellt und geschult sind. Ab Mai 2016 könne das BAMF dann 80.000 Entscheidungen pro Monat treffen.

Das habe Weise den Ministern in Aussicht gestellt, berichtete der Mainzer Innenminister Roger Lewentz (SPD), derzeit Vorsitzender der IMK. Die Innenminister fanden den Auftritt des sonst hoch gelobten Organisators Weise, der weiterhin auch die Agentur für Arbeit leitet, „entäuschend bis erschreckend“ wie Ralf Jäger formulierte.

Die Minister hätten ein umfassendes Lagebild erwartet, doch Weise habe einfachste Fragen nicht beantworten können. Selbst wenn die Kapazität des BAMF ab Mai nächsten Jahres den eingehenden Asylanträgen entspricht, habe Weise keine Strategie, um den Berg von einer Million unerledigter Asylanträge spürbar zu reduzieren.

„Bund muss Hausaufgaben machen“

„In Nordrhein-Westfalen warten die Leute derzeit acht Monate bis das Asylverfahren überhaupt beginnt“, klagte Jäger. „Kommunen und Länder haben ihre Hausaufgaben gemacht, indem sie die Flüchtlinge versorgt und untergebracht haben, jetzt muss der Bund auch seine Hausaufgaben machen und für schnellere Asylverfahren sorgen.

Die Innenminister schlugen vor, die BAMF-Angestellten sollten im Zwei-Schichtbetrieb von fünf Uhr bis 22 Uhr arbeiten und auch Samstag und Sonntag zur Arbeit kommen. „Wir arbeiten auch am Wochenende“, sagte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier (CDU). Auch die Anordnung von überstunden läge bei dieser Lage nahe. Dass eventuell beim BAMF weitere Neueinstellungen nötig sind, wollte aber kein Innenminister sagen. Scheinbar gehen sie davon aus, dass die Flüchtlingszahlen doch bald wieder sinken.

Aufwand lohnt sich nicht

Am Donnerstag haben die Innenminister der Länder selbst dazu beigetragen, die Arbeitslast des BAMF zu erhöhen. Sie erhoben keine Einwände gegen den Plan des Bundesinnenministers Thomas de Maizière (CDU), bei syrischen Flüchtlingen wieder im Einzelfall zu prüfen, ob sie politisch verfolgt sind oder vor dem Bürgerkrieg flüchteten. In beiden Fällen bekommen sie ein Aufenthaltsrecht in Deutschland, aber einen leicht unterschiedlichen Status.

Da sich deshalb der Aufwand nicht lohnte, war vor einem Jahr entschieden worden, allen syrischen Flüchtlingen ohne Anhörung den besseren Status nach der Genfer Flüchtlingskonvention zu geben. Nun muss wieder jeder Einzelfall geprüft werden.

Die Landesminister begründeten ihre Zustimmung damit, dass nur bei einer mündlichen Anhörung festgestellt werden kann, ob sich jemand zu Unrecht als Syrer ausgebe. Dafür hätte allerdings eine Identitätsfeststellung genügt, für die auch andere Stellen als das BAMF in Frage gekommen wären.

Die Landesminister äußerten immerhin treuherzig ihre Erwartung, dass die Asylverfahren durch die Einzelfallprüfung nicht verlängert werden dürfe. Peter Altmaier (CDU), der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, hatte den Übergang zur Einzelfallprüfung von der Haltung der Innenministerkonferenz abhängig gemacht.

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