Foodwatch hofft auf Europa: Grün ist gut, Rot böse
Die Ernährungs-NGO Foodwatch ist enttäuscht von Schwarz-gelb: Die haben der Ernährungs-Ampel eine Absage erteilt. Jetzt hofft Foodwatch auf Brüssel.
BERLIN taz | Die Verbraucherorganisation Foodwatch hofft nach der Absage der schwarz-gelben Koalition an eine Nährwertkennzeichnung mit Ampelfarben auf die EU. "Die Entscheidung läuft auf europäischer Ebene", sagte Geschäftsführer Thilo Bode am Dienstag.
Die EU müsse den vorliegenden Entwurf einer Verordnung zur Lebensmittelkennzeichnung so ändern, dass jedes Mitgliedsland selbst ein Ampelsystem einführen kann. Bei dieser Entscheidung habe die Bundesregierung von Union und FDP im Europäischen Rat kein Vetorecht. "Die Mehrheitsverhältnisse sind völlig offen."
Foodwatch fordert, den Gehalt wichtiger Nährstoffe wie Fett, Zucker und Salz farbig zu kennzeichnen. Sehr viel Zucker zum Beispiel bekäme nach diesem System ein Rot. Die Industrie lehnt dies als irreführend ab, weil etwa auch "hochwertige Lebensmittel wie ein Käsebrot" oder Olivenöl wegen ihres hohen Fettgehalts in dieser Kategorie rot markiert würden.
Die Unternehmen befürworten das GDA-Modell: Hier zeigen Zahlen, wie viel Prozent der empfohlenen Tagesration des jeweiligen Nährstoffs eine Portionsgröße liefert. Wie groß eine Portion sein soll, ist aber umstritten.
Verbraucherschützer halten das System zudem für zu kompliziert. "Am besten verstanden werden Farben und Text", erklärte der Foodwatch-Chef unter Berufung auf eine neue Studie der britischen Lebensmittelbehörde FSA. Bode kann sich deshalb vorstellen, dass die EU den Mitgliedsländern das GDA-Modell als Mindeststandard vorschreibt - und die Staaten selbst die Zahlen mit Ampelfarben unterlegen dürfen.
Nur die Portionsgrößen zu vereinheitlichen, wie es die Koalition in Berlin plant, reicht Foodwatch nicht. "Das sind immer noch unauffällige Grafiken, die man nicht auf den ersten Blick versteht", sagt Pressesprecher Martin Rücker. Ihm sind Signalfarben der Ampel wichtig: Eine rote Fläche für Fett etwa soll Übergewichtige auch beim flüchtigen Vergleich im Supermarkt warnen.
Der Industrieverband Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde bekräftigte derweil seine Kritik an der Ampel. "Zum einen sprechen sich führende Ernährungsexperten klar dagegen aus", teilte der Industrieverband mit. "Zum anderen belegen Studien eindrucksvoll, dass die ,Ampel' vom Verbraucher nicht richtig verstanden wird." Viele würden ein Rot so verstehen, dass dieses Produkt am besten gar nicht mehr zu konsumieren sei. Das führe zu einer einseitigen Ernährung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe