Folter-Prozess in Argentinien: Gifttod vor dem Urteil
Der tot in seiner Zelle gefundene mutmaßliche argentinische Folterer Febres ist durch Zyankali gestorben. Zwei für seine Unterbringung Verantwortliche wurden verhaftet.
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BUENOS AIRES taz Der frühere Marineangehörige und Angeklagte in einem Folterprozess, Héctor Febres, ist an den Folgen einer Zyankali-Vergiftung gestorben. Nach einer Mitteilung aus dem Justizministerium vom Donnerstag wurde bei der Autopsie der Leiche eine hohe Konzentration von Zyankali im Blut festgestellt. Ob es sich um eine Selbst- oder vorsätzliche Tötung Febres handelt, ließ die Behörde offen. Héctor Febres war am Montag tot in seiner Zelle aufgefunden worden. Als Todesursache war von den Behörden zunächst Herzversagen angegeben worden. Febers litt an Diabetes und Herzbeschwerden.
Die zuständige Richterin ließ mittlerweile zwei Angehörige der Küstenwache verhaften, die zum Zeitpunkt des Todes für die Haftunterbringung Febres zuständig waren. Febres saß auf dem Gelände der Küstenwache in einem Vorort von Buenos Aires in Haft. Der 66-jährige stand wegen Menschenrechtsverbrechen während der letzten Militärdiktatur (1976-1983) vor Gericht. Der Vertreter der Anklage und Rechtsanwalt Rodolfo Yanzón kritisierte die Haftunterbringung "durch die selben Leute, denen Febres angehört hatte." Yanzón zeigte sich über der Nachricht von der Vergiftung besorgt: "Die Botschaft ist eindeutig. Die Straflosigkeit in Argentinien soll fortbestehen."
Am Freitag hätte das Urteil im Prozess gegen Febres gesprochen werden sollen. In der laufenden Verhandlung ging es um die Entführung und Folter von vier Menschen in der berüchtigten Mechanikerschule der Marine (ESMA). Die ESMA war eines der größten geheimen Haft- und Folterzentren der Militärdiktatur. Menschrechtsorganisationen schätzen, dass hier mehr als 5.000 Menschen starben. Im Prozess hatten Zeugen ausgesagt, Febres habe die vier Gefangenen mit Elektroschocks gequält. Die Opfer überlebten die Misshandlungen. Aller Voraussicht nach wäre Febres als erster Militär nach der Aufhebung der Amnestiegesetze verurteilt worden. Die Anklage hatte einen Haftstrafe von 25 Jahren gefordert.
Bisher endeten drei Prozesse seit der Annullierung der Amnestiegesetze im Jahr 2003 mit einem Richterspruch. Im Oktober 2007 wurde der katholische Priester und ehemalige Polizeikaplan Christian von Wernich zu lebenslanger Haft verurteilt. Im August 2006 war der ehemalige Polizist Julio Simon wegen Entführung und Folter zu 25 Jahren Haft verurteilt worden. Menschenrechtsgruppen kritisieren, dass noch kein Angehöriger der Streitkräfte verurteilt wurde. Während der Diktatur wurden insgesamt rund 30.000 Menschen getötet. Darunter sind viele "Verschwundene", deren Schicksal bis heute nicht aufgeklärt ist.
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