Förderprogramm für Langzeitarbeitslose: Mehr Unterstützung für Wenige
Andrea Nahles plant ein Förderprogramm für 30.000 der rund eine Million Langzeitarbeitslosen. Den Grünen und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband ist das nicht genug.
BERLIN afp | Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat ein Förderprogramm für Langzeitarbeitslose ab 2015 angekündigt. Einige hunderttausend Langzeitarbeitslose hätten es schwer in einem normalen Job, sagte sie der Leipziger Volkszeitung vom Freitag. Das Förderprogramm soll bis zu 30.000 Menschen helfen. Die Grünen kritisierten es einen Tropfen auf den heißen Stein, der Paritätische Wohlfahrtsverband sprach von einem allerersten Schritt.
In Deutschland gibt es rund eine Million Langzeitarbeitslose, also Menschen, die seit mehr als einem Jahr arbeitslos gemeldet. Nahles sagte der Zeitung, einige hunderttausend Betroffene ohne Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt „müssen wir ins Arbeitsleben integrieren, ohne den Anspruch, sie unbedingt in eine reguläre Anstellung zu bringen“.
In bisherigen Förderprogrammen sei die Betreuung der Langzeitarbeitslosen, „wenn sie eine Arbeit angenommen haben, zu früh beendet“ worden. Deshalb soll in dem neuen Förderprogramm ab 2015 die Begleitung im Job um ein halbes Jahr auf 18 Monate verlängert und auch intensiviert werden, sagte Nahles.
Aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion geht hervor, dass im Mittelpunkt „die gezielte Ansprache und Beratung von Arbeitgebern, ein intensives Arbeitnehmercoaching“ sowie schrittweise sinkende Lohnkostenzuschüsse stehen. Das Programm soll demnach mit 470 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und Mitteln aus dem Eingliederungsbudget der Jobcenter finanziert werden. Das Programm werde bis zum Sommer veröffentlicht und gehe dann auch ins Kabinett, erklärte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums.
Scharfe Kritik von den Grünen
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Brigitte Pothmer, kritisierte das Förderprogramm scharf: Angesichts der Dimension des Problems reiche es weder zahlenmäßig, noch sei es auf Dauer angelegt und finanziert. Nahles sei eine Ministerin für Arbeitsplatzbesitzer, ihr Engagement für Arbeitslose sei sehr begrenzt.
Den Angaben der Regierung zufolge sank die Zahl der Langzeitarbeitslosen von 2010 bis 2013 um nur sieben Prozent – öffentlich geförderte Beschäftigungsverhältnisse gingen im selben Zeitraum aber um 56 Prozent zurück. In diesem Jahr werde es einen weiteren dramatischen Rückgang geben, sagte Pothmer. Bis Ende September laufen demnach zahlreiche Programme aus, die sogenannte Bürgerarbeit (Begleitservice für Ältere oder Pflege von Grünanlagen) bis Ende des Jahres komplett.
Das neue Förderprogramm „kann gegen diesen Trend nichts ausrichten“, sagte Pothmer. Es komme zu spät und werde die geplante Teilnehmerzahl von 30.000 nicht erreichen. Zudem solle es auf dem derzeitigen Programm „Perspektive in Betrieben“ aufbauen – in diesem Programm seien derzeit 33 Langzeitarbeitslose beschäftigt. „Es kann bezweifelt werden, dass dieses Programm innerhalb kurzer Zeit auf 30.000 Menschen ausgeweitet werden kann.“ Von einem ähnlich konstruierten Programm „Förderung von Arbeitsverhältnissen“ profitierten nur etwa 8.000 Menschen.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, es sei zwar positiv, dass die Bundesregierung „das Problem verhärteter Arbeitslosigkeit“ endlich angehe. Nahles' Initiative sei aber „deutlich zu klein“.
Wohlfahrtsverband klagt
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband beklagte am Freitag „drastische Defizite“ bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen. Die Unterstützungs-, Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen seien in den vergangenen drei Jahren halbiert worden. Eine „langfristige, am Einzelfall orientierte, passgenaue Förderung“ sei so gut wie nicht zu leisten.
Der Paritätische appellierte an die große Koalition, „das Ruder herumzureißen“. Er forderte mehr Qualifizierungsmöglichkeiten, die Möglichkeit, Langzeitarbeitslose längerfristig zu fördern, und den Ausbau öffentlich geförderter Beschäftigung. Das von Nahles angekündigte Förderprogramm könne nur „ein allererster Schritt sein“ – damit würden lediglich drei Prozent der Langzeitarbeitslosen erreicht.
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