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Flut verwässert Steuerreform

Bundesregierung verschiebt Wohltaten der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 und will so den Wiederaufbau nach der Flutkatastrophe mit 6,9 Milliarden Euro finanzieren. Deichbrüche verwandeln Elbauen bei Wittenberg in Seengebiet

BERLIN taz/dpa/ap ■ Die Bundesregierung will zur Finanzierung des Wiederaufbaus nach der Flutkatastrophe die geplanten Steuerentlastungen für 2003 um ein Jahr auf 2004 verschieben. Das beschloss gestern das Kabinett auf einer Sondersitzung. Damit gewännen Bund, Länder und Gemeinden im kommenden Jahr 6,9 Milliarden Euro. Zudem wird das Bundesverkehrsministerium eine weitere Milliarde Euro bereitstellen. Das Geld wird für Infrastrukturmaßnahmen in die neuen Länder umgelenkt. Bundesfinanzminister Eichel erließ wegen der Flutschäden eine allgemeine Haushaltssperre, ausgenommen Investitionen und Mittel für das Anti-Terror-Paket.

Der Bundestag soll schon am 29. August über die Maßnahmen beraten. Bundeskanzler Schröder sagte, er gehe davon aus, dass die Opposition der Wiederaufbauhilfe auch im Bundesrat zustimmen werde. Der Union und der FDP wäre es möglich, die veränderte Steuerreform dort zu blockieren.

Die zweite Stufe der Steuerreform sah vor, dass zum 1. Januar 2003 der Grundfreibetrag auf 7.426 von derzeit 7.235 Euro angehoben wird. Der Eingangssteuersatz sollte von derzeit 19,9 auf 17 Prozent sinken, der Spitzensteuersatz von 48,5 auf 47 Prozent sinken. Die dritte Stufe der Reform soll wie geplant 2005 in Kraft treten.

Unterdessen nimmt die Flutkatastrophe immer dramatischere Dimensionen an. Gestern hat die Elbe in Sachsen und Sachsen-Anhalt ganze Landstriche in riesige Seenlandschaften verwandelt. Im Kreis Wittenberg brachen die Deiche gleich an mehreren Stellen. Dort mussten 40.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Auch die Stadt Wittenberg ist zunehmend betroffen. Die historische Altstadt wird aber wasserfrei bleiben.

Die Behörden ordneten die Evakuierung der 10 Kilometer von der Elbe entfernten Stadt Annaburg an. Auch Teile des Gartenreichs Dessau-Wörlitz, von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt, sind bedroht. Die Mulde überflutete nach einem Dammbruch einen Ortsteil Dessaus vollständig. In Bitterfeld ging das Wasser jedoch erstmals zurück. Auch im brandenburgischen Mühlberg hielten die Deiche.

Die Zahl der Toten erhöhte sich gestern auf 15. Derzeit werden 26 Menschen vermisst.

Derweil rüsten sich die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein für die heranrollende Flutwelle. Die Strömungsgeschwindigkeit der Elbe hat sich wesentlich erhöht, sodass schon für den gestrigen späten Abend mit Überflutungen bei Magdeburg gerechnet wurde.

Der Eisenbahnknotenpunkt Magdeburg und damit weite Teile des Bahnverkehrs in Ostdeutschland wurden bereits lahm gelegt. Züge aus Berlin können die Hauptstadt Sachsen-Anhalts nicht mehr erreichen. Die Wassermassen steigen schneller als erwartet. Die Bundeswehr hat inzwischen rund 19.000 Soldaten im Einsatz. KLH

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