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Flugzeugabsturz im KongoExplosion auf dem Marktplatz

Eine Passagiermaschine raste im ostkongolesischen Goma in das zentrale Marktviertel. Das Unglück konnte nur geschehen, weil ein Vulkanausbruch 2002 die Startbahn um ein Drittel verkürzt hat.

Das Flugzeug raste über die Piste hinaus und rammte sich mit ungeheurer Wucht in das Meer von Hütten des Stadtviertels Birere Bild: dpa

GOMA taz Nur das Heck der Maschine ragt noch aus den Trümmern, steil nach oben, als habe sich das Flugzeug tief in die Erde gebohrt. Beißender, heißer Rauch steigt auf. Hier und da brennt es, trotz Dauerregens. Schwitzende Männer mit weißen Atemschutzmasken klettern auf verkohlten Wellblechresten herum, sie wühlen in den Trümmern und werfen in hohem Bogen Teile auf einen Lastwagen, andere kommen mit Tragen angerannt. Mitten in dem lautstarken Treiben voller Anspannung und Angst stehen schweigende UN-Blauhelmsoldaten, genauer Blauturbansoldaten - ein Bataillon von Sikhs aus Indien, allesamt mit schwarzen Rauschebärten, bohrendem Blick und leuchtend blauen Turbanen auf dem Kopf, komplett stumm und unnütz, weil sie kein Französisch sprechen. Drumherum haben sich kongolesische Polizisten und Soldaten postiert, mit entsicherten Pistolen und drohendem Gebrüll, um die tausenden fassungslosen Anwohner und Neugierigen fernzuhalten.

79 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder befanden sich an Bord der DC-9, die am Nachmittag in die 2.000 Kilometer entfernte Hauptstadt Kinshasa abheben wollte. Die Maschine stürzte stattdessen in ein Gebiet voller Menschen. Offiziell werden am Abend 9 Tote und 60 Verletzte aus den Trümmern gezogen. Am Mittwoch früh werden dutzende Tote bestätigt, eine genaue Zahl kann niemand angeben. Das Rote Kreuz, dessen Helfer an der Unglücksstelle sind, fürchtet bis zu 300 Tote.

Wann immer ein Lastwagen mit in Tüchern eingehüllten Körpern vom Unfallort in Richtung der beiden großen Krankenhäuser von Goma aufbricht, gerät die Menschenmenge in Bewegung, dutzende von Motorradtaxifahrern rasen hinterher und geben den Verletzten oder Toten mit ohrenbetäubendem Hupen Geleit. An der städtischen Leichenhalle, rund einen Kilometer entfernt, drängeln sich Menschen, manche weinen, andere klettern über das geschlossene Tor, um hereinzukommen.

Anders als bei den meisten Flugzeugunglücken im Kongo war es keine der alternden russischen Frachter, die regelmäßig vom kongolesischen Himmel fallen. Unfallursache war ein Triebwerkschaden. Der hätte keine Folgen gehabt, wenn die Flugpiste von Goma nicht um ein Drittel zu kurz wäre, seit der Ausbruch des Vulkans Nyiragongo 2002 einen Großteil der Stadt und eben auch ein Drittel der Start- und Landebahn unter sich begrub. Große Flugzeuge heben von der Piste erst ganz an ihrem Ende ab, ohne Sicherheitsabstand, und idealerweise versammelt die Crew die Passagiere möglichst im hinteren Teil des Flugzeugs, damit die Maschine steiler nach oben zieht. Diesmal ging das Manöver schief. Das linke Triebwerk versagte, als die Maschine nur noch 300 Meter vom Ende der Piste entfernt war; ein Abbremsen war nicht mehr möglich. Das Flugzeug raste über die Piste hinaus und rammte sich mit ungeheurer Wucht in das Meer von Hütten des Stadtviertels Birere, das nur fünf Meter tiefer direkt unterhalb der Mauer beginnt. "Es hat keine zwei Sekunden gedauert und alles stand in Flammen", erzählt Stanis Gakwandi, ein Fahrer, der neben dem Unglücksort stand.

Birere ist das am dichtesten besiedelte Stadtviertel des 500.000 Einwohner zählenden Goma, ein Labyrinth aus einstöckigen Hütten und Häusern entlang enger Straßen voller schwarzem Matsch. Ganz Goma, das Umland und Teile des nahen Ruanda kaufen auf den Märkten von Birere ein, wo dank Grenzschmuggel so manches billiger ist als sonst wo. Reiche Handelsmoguln und bitterarme Straßenverkäuferinnen arbeiten mit- und gegeneinander. Benzin und Seife, Mehl, Reis, Zucker und Salz werden hier im Großhandel umgeschlagen. Wie gewohnt waren viele Menschen da, als das Flugzeug wie aus heiterem Himmel herunterfiel. "Das Flugzeug explodierte direkt über den Leuten", erzählt Polizeiinspekteur Gauthier Murairi, der den Rettungsbemühungen zuschaut. Nur der starke Regen verhinderte, dass das Feuer sich auf das gesamte Viertel ausbreitete. Wieder einmal ist Goma einer noch gigantischeren Katastrophe nur durch Zufall entgangen.

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