Flughafenstreit: Klassenkampf um Tempelhof

Mit Sprüchen gegen die Nutzer eines Privatflughafens wollen SPD, Linke, Grüne in den Wahlkampf gegen den Flughafen Tempelhof ziehen. CDU und FDP sprechen von einer "Sozialneidkampagne"

Rot-Rot-Grün gibt's schon: im Kampf gegen den Flughafen Tempelhof Bild: DPA

Nein, einen richtigen Wahlkampf will SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller um die Schließung des Flughafens Tempelhof nicht führen, eher "eine kleine, aber feine Kampagne". Doch die hat es in sich, wie die Auftaktpressekonferenz des "Bündnisses für ein flugfreies Tempelhof" am Mittwoch zeigte. So sollen unter anderem Postkarten verteilt werden, auf denen steht: "Keine Direktflüge nach Liechtenstein! Keine Ja-Stimme für Steuerflucht-Flieger".

Hintergrund des Motivs, das eine Werbeagentur für die Kampagne entworfen hat, ist nach Aussage Müllers das Ziel von CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger, den Flugbetrieb für Tempelhof für Geschäftsflieger zu erhalten. "Wir wollen Tempelhof dagegen für alle öffnen", gibt sich Müller kämpferisch. Wie die Linke und die Grünen ist auch Müller davon überzeugt, dass es dem Bündnis gelingt, beim Volksentscheid eine Mehrheit für die Schließung von Tempelhof zu erzielen. Bei dem Urnengang, der voraussichtlich am 27. April stattfindet, brauchen die Befürworter des Flugbetriebs aus CDU, FDP und der Initiative City-Airport Tempelhof (Icat) rund 600.000 Jastimmen. Diese müssen zugleich die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sein.

Um möglichst viele Berliner für die Schließung zu mobilisieren, haben sich SPD, Linke und Grüne mit zahlreichen Bürgerinitiativen und den Naturschutzverbänden BUND und Nabu zusammengeschlossen. Selbst die Arbeiterwohlfahrt ist dabei. "Wir sind ein Sozialverband, und soziale Gerechtigkeit ist nichts für wenige, sondern für alle", sagt die stellvertretende AWO-Landesvorsitzende Heidemarie Fischer.

Trotz der teilweise klassenkämpferischen Losungen plagen die Architekten des parlamentarisch-außerparlamentarischen Bündnisse aber auch Zweifel. "Wir haben uns immer für direkte Demokratie ausgesprochen", sagt Linke-Landeschef Klaus Lederer. Seine Partei will vor allem im Osten für ein Nein für Tempelhof werben. Es müsse aber auch klar sein, meint Lederer, dass das Ergebnis des Volksentscheids nicht bindend ist. Im Klartext: SPD, Linke und Grüne werben für eine Mehrheit für die Schließung. Gewinnen aber die Flughafenbefürworter, ändert sich nichts an der Haltung des Senats. Was für die oppositionellen Grünen ohne Risiko ist, kann sich für die Regierungsparteien SPD und Linke schnell zu einer Vertrauenskrise ausweiten.

Etwas mehr als 100.000 Euro soll die Kampagne kosten. Dazu kommen noch einmal die Gelder, die die Parteien und Verbände für eigenes Material ausgeben wollen - bei SPD und Linken jeweils 100.000 Euro. Die gemeinsamen Plakate, die neben Postkarten und Internetauftritt die Kampagne bilden sollen, will das Bündnis am 7. März vorstellen.

Angesichts des Klassenkampfs auf den Postkarten erklärte CDU-Generalsekretär Frank Henkel, es sei "armselig", dass sich die Tempelhof-Gegner "in eine hilflose Sozialneidkampagne flüchten müssen". Der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner sprach von einer "Diffamierungskampagne", die aus "üblen, haltlosen Beleidigungen von Bürgern" bestehe.

Unterdessen haben sich SPD, Linke und Grüne auch auf eine gemeinsame Entschließung für die heutige Sitzung des Abgeordnetenhauses geeinigt. Der Text soll neben dem der Icat auf den Abstimmungszetteln beim Volksentscheid stehen.

www.tempelhof-flugfrei.de

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