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Flughafensicherheit in IsraelProfiling statt Nacktscanner

An Israels Flughäfen und Checkpoints werden strikte Maßnahmen angewendet: Reisende werden je nach Nationalität und Religion unterschiedlich kontrolliert.

Sicherheitskriterien in Israel: Herkunftsland, Geschlecht, Alter und Ticketkauf. Bild: dpa

JERUSALEM taz | Die in Deutschland so heftig geführte Debatte über die Einführung des Nacktscanners löst in Israel, das für seine strikten Sicherheitsvorkehrungen bekannt ist, allenfalls Kopfschütteln aus. Nacktscanner gibt es weder am Flughafen Ben Gurion noch in der Küstenstadt Eilat am Roten Meer. Einzig am Checkpoint Erez Richtung Gazastreifen werden die Reisenden zur Durchleuchtung ihrer Kleidung in die Kabine gebeten.

Die israelische Sicherheit setzt auf "Profiling", ein Vorsortieren der zu prüfenden Gruppen je nach Gefahrenpotenzial. Nichtjuden sind statistisch gesehen eher eine Bedrohung als Juden, Muslime aus den Palästinensergebieten eher als arabische Staatsbürger. Syrer und Iraner gehören noch mal in eine besondere Kategorie. Wer in Damaskus geboren ist, sollte sich, selbst wenn er im Besitz einer doppelten Staatsbürgerschaft ist, besser drei bis vier Stunden vor Abflug am Flughafen einfinden, anstelle der mindestens zwei bis zweieinhalb, die die israelischen Reiseagenten ihren Kunden ans Herz legen.

Profiling nimmt mehr Zeit und mehr Personal in Anspruch als die Durchleuchtungskabine. Das Herkunftsland des Reisenden spielt dabei eine Rolle, Geschlecht, Alter und auch die Frage, wo das Ticket gekauft und wie es bezahlt wurde. Die Reiseroute gehört ebenfalls zum Profiling und das Verhalten während der Befragung. Um die Prozedur zu beschleunigen und kosteneffizienter zu gestalten, wird neuerdings am Flughafen Ben Gurion ein biometrischer Scanner getestet. Die Zielgruppe ist vorerst auf israelische Staatsbürger beschränkt, die sich freiwillig zur Erstellung einer Magnetkarte registrieren lassen können.

Ginge es nach Premierminister Benjamin Netanjahu, würden grundsätzlich alle israelischen Ausweise mit biometrischen Daten bestückt werden. Ein Gesetzentwurf dazu hat indes heftige Debatten ausgelöst und liegt vorerst auf Eis. Die Kontrolle der biometrischen Daten der Reisenden wird am Flughafen an Automaten und an Computern vorgenommen. Nur bei Auffälligkeiten muss das Sicherheitspersonal eingeschaltet werden.

Professor Dan Schueftan, Vizedirektor des National Security Studies Center an der Universität Haifa, hält es für einen Fehler, keine Unterschiede bei der Überprüfung der Reisenden zu machen. "Die Obsession der Puristen, niemanden zu beleidigen", und deshalb auf ein Sortieren der Reisenden nach Herkunft und Religion zu verzichten, "kann Menschenleben kosten." Das Profil eines Terroristen sei "unter den gegenwärtigen Umständen klar", meint Schueftan, der die israelische Methode, nicht auf den Koffer zu gucken, sondern auf die Person, für sinnvoller hält.

Am Amsterdamer Flughafen Schiphol wird in diesen Tagen der Nacktscanner eingeführt, nachdem es dem Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab Ende Dezember gelang, die Kontrollen mit 80 Gramm Sprengstoff zu passieren, obwohl er im Verlauf des dortigen Profilings einem Sicherheitsbeamten verdächtig vorgekommen war.

Dass Israel den Nacktscanner am Übergang zum Gazastreifen einsetzt, liegt daran, dass dort der direkte Kontakt zwischen den Reisenden und dem Sicherheitspersonal auf ein Minimum reduziert werden soll. Noch im Januar 2004 waren vier Soldaten bei einem Selbstmordattentat am Checkpoint getötet worden. Inzwischen kommunizieren die Grenzpolizisten nur noch über Lautsprecher und Kameras mit den Reisenden.

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13 Kommentare

 / 
  • DS
    Das Selbst

    Diskriminierent ist es auf alle Fälle. Aber unter diesen Umständen haben die meisten Verständnis dafür, denk ich mal. Auf jeden Fall mehr, wie für unsere Methode.

    Lieber Einzelne auf den Schlips treten, wie alle zu katalogisieren.

     

    Wurde auch am Bahnhof gebeten 2 Polizisten kurz zu begleiten. Die mich dann in einem Raum durchsucht und befragt haben. Grund: Hatte am hellichten Tag die Kapuzze drüber gezogen.

    Drogenfandung.

  • S
    Stefan

    Bei einer Veranstaltung im letzten Jahr habe ich "an der Tür gestanden" (Security). Einen Besucher, der aus dem üblichen Raster fiel, bat ich zur Seite und habe mich kurz mit ihm unterhalten. Er sagte mir, dass der Pfarrer seiner Gemeinde ihn auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht hat. Ich bat ihn um Entschuldigung für die kurze Unannehmlichkeit, worauf er mir lächelnd sagte, dass er sich selbst wohl auch etwas näher angeschaut hätte! Und hätte ich das nicht gemacht, hätte er sich bei der Veranstaltung nicht so sicher gefühlt.

    Hätte ich jetzt den alten Ladies die Handtaschen durchwühlen sollen, damit ich nicht im Verdacht stehe rassistisch zu sein? Das Opfer meines "rassistischen Übergriffs" hat sich wahrscheinlich nur aufgrund des Stockholm-Syndroms mit mir so gut verstanden.

  • MN
    Mein Name

    Die Israelis machen das total richtig. Ich würde einen Muslim auch gründlicher durchsuchen, als eine Oma aus Deutschland. Deutschland und Israel sind Freunde.

  • S
    Susanne

    Und genau deshalb hat Israel auch die sichersten Fluglinien!!!

     

    Ob Angriffe auf Flugzeuge vielleicht doch etwas mit äusseren Mermalen zu tun haben könnte?

  • N
    Najaaaa

    Das ist doch gut zu wissen, dass wir jetzt uns nach einem System richten und umstellen, dass von einer modernen Rechten Regierung erschaffen wurde!

     

    Die Apartheid wird doch durch solche Systeme nur noch mehr, national und religiös unterstützt und Stück für Stück in einem neuen Hassgefühl unter der Bevölkerung, die aus verschiedenen Kulturen besteht ausgelöst.

     

    Der eine wird 10 sek. kontrolliert und der andere 2 Stunden... wo kommen wir denn da noch hin???

     

    Wissen Sie, wen das Unternehmen gehört der die Nacktscanner herstellt und von Land zu Land verbreitet...3 mal dürfen Sie raten...ich sage nur ehemaliger Bush-Minister ;)

  • CC
    Cajun Coyote

    Die israelischen Sicherheitskräfte machen das richtig. Sie suchen den Bombenleger, nicht die Bombe, die in jedem x-beliebigen Babyfläschchen versteckt sein könnte.

     

    Kommt mir intelligenter vor als unsere Methode, noch jeder Oma die Schuhe auszuziehen, natürlich nur zu ihrer eigenen Sicherheit.

     

    Aber sie operieren nach einer Devise, das unseren Gepflogenheiten diametral entgegenläuft: "Discriminate or die." Wie gesagt, sie machen es richtig.

  • F
    Florian

    Aha, der neue Euphemismus für Rassentrennung ist jetzt Profiling.

     

    "Was du nicht willst das dir man tu,

    das füg auch keinem andern zu"

  • KB
    karin bryant

    Alle Laender sollten sich ein Beispiel an den Israelis nehmen.Dort gibt es seit 30 Jahren keine Probleme im Flugverkehr.

  • O
    osei

    "Apart"! Schöner Abriss über diesen Abschnitt der südafrikanischen Geschichte. Aber: daher haben die bösen Israelis das gar nicht. Und bitte nicht die Schwarzen mit Terroristen vergleichen, die schon mehrfach Anschläge auf diese heute so gut geschützte israelische Infrastruktureinrichtung verübt und versucht haben, das ist schon irgendwie mies.

  • M
    Marti

    Pragmatismus statt Ideologogie, das ist es, was die Israelis praktizieren.

     

    Ob das in Deutschland, das von einem durch und durch ideologischen Diskurs geprägt ist, möglich ist, halte für sehr zweifelhaft.

     

    Die Frage, ob das vielleicht Rassimus sein könnte, etwas länger befragt zu werden, scheint wichtiger, als das effektive Aufspüren von Attentätern und damit das Retten von Menschenleben.

  • T
    Tanja

    Also wenn Nichtjuden wirklich anders behandelt werden, dann müssen mich die Israelis für eine Jüdin halten.

    Außerdem frage ich mich wie man sowas denn feststellt, wenn die betreffende Person kein Kreuz, Gebetskette, Turban oder ähnliches trägt.

     

    Bis jetzt wurde ich jedenfalls lediglich nach Länge des Aufenthalts und Beruf gefragt. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die Freundlichkeit mit Anstieg der israelischen Visastempel im Pass zunimmt.

  • A
    Apart

    Das haben die Israelis bestimmt von ihren alten Freunden in Südafrika abgeguckt. Da wurde das Profiling ja während der Apartheidzeit besonders konsequent durchgeführt. So musste in den Reisepässen immer die "race group" angegeben werden, nachdenen dort die Gesellschaft sortiert war: White ("Bessere Rassen" wie z. B. Weissüdafrikaner, Mittelnordwesteuropäer, US-Amis und Japaner), Black, Coloured (Mischling), Indian oder Griqua (Griechen, Türken und so was).

    Passenderweise waren im Pass auch die Waffen anzugeben (die viele Weissüdafrikaner bei sich im Nachttisch liegen hatten, um sich jederzeit gegen die o.g. Fremdrassen verteidigen zu können).

     

    In Südafrika wurde das Profil wurde allerdings nicht nur im Flughafen gecheckt: Wenn zum Beispiel jemand einen Autounfall hatte hieß oft die erste Rückfrage: "Farbe"? Und dann kam der Rettungswagen ganz schnell - oder auch nicht.

  • MB
    mehrdad beiramzadeh

    ich war selber mit meine lebenspartnerin im herbst 2009 in israel. die kontrollen dort kann ich als absolut nicht nervig (sogar ich als iraner), intelligent und zügig beschreiben.

     

    bei der einreise 2-3 fragen und dann "welcome to israel" und beim rückflug nur verzögerung, weil ein koreaner vor uns 2 koffer mit allerlei eingepackte "lebensmittel" hatte, die einzelln durchsucht wurden.

     

    da wird eben nicht die oma mit enkelkind genauso abgetastet wie der allein reisender muslim, was im westen eine absurde realität ist.