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FlughafengeländeBiomöhren vom Gut Tempelhof

Ziegenweide, Baseballplatz oder heilpädagogisches Reiten: Auf einer Bürgerversammlung zur Zukunft des Flughafengeländes in Tempelhof prallen die Meinungen aufeinander.

Ist das die Zukunft? Landwirtschaft auf dem Gelände des Flughafen Tempelhof wäre eine Möglichkeit Bild: AP

"Der Anbau von Nahrungsmitteln ist durchaus denkbar. Ebenso, dass Ziegen und Schafe dort leben", sagt die Landschaftsgestalterin Barbara Markstein. Schallendes Gelächter, Buhrufe und Beleidigungen wie "halt die Fresse" ertönen: Die Idee zur Nachnutzung des Flughafen Tempelhofs kommt nicht bei allen gut an. "Berlin als Kuhdorf, wa?", ruft jemand aus den hinteren Reihen. Die Rednerin muss schlucken und versucht, nicht aus dem Konzept zu kommen.

Lompscher: Tempelhof ist sauber

Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat nachdrücklich vor einer Panikmache bezogen auf die Altlasten am innerstädtischen Flughafen Tempelhof gewarnt. "Der Flughafen Tempelhof ist keine Giftmülldeponie. Solche Behauptungen sind schlicht nicht wahr", sagte Lompscher am Donnerstag im Abgeordnetenhaus auch an die Adresse von CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger. Dieser hatte zuvor vor den enormen Folgekosten für den Steuerzahler gewarnt, wenn Tempelhof wie geplant im Oktober kommenden Jahres vom Senat geschlossen werde. Er nannte eine Summe von rund 43 Millionen Euro Folgekosten, worin die Altlasten noch gar nicht berücksichtigt seien.

Es ist Mittwochabend, die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), und die Senatsbaudirektorin, Regula Lüscher (parteilos), haben zur Bürgerversammlung geladen. Thema soll die Nachnutzung des Flughafengeländes Tempelhof sein. Vorgestellt werden die besten drei Ideen des Onlinewettbewerbs, an dem sich die Bürger beteiligen konnten. Auf Platz eins landet der Vorschlag, Baseball- und Softballfelder einzurichten. Platz zwei fällt auf den erlebnisorientierten Jugendspielplatz, und den dritten belegt die Idee, einen Spaceport zu bauen, zu Deutsch "Raumhafen". Die Idee lehnt sich an dem Vorhaben reicher Ölscheichs in Dubai an. Mit dem Spaceport wäre die Reise ins All für jeden möglich. Einmal von Berlin zum Mond und zurück bitte!

Aber dann hakt schon bei der Vorstellung der Ideen die Power-Point-Präsentation. Minutenlang hängt die Folie mit der Aufschrift "Wie geht es weiter?" fest. Die Lacher sind auf der Seite des Publikums. "Genau", "Is ja nix Neues" oder "Habta keene Antwort druff, typisch", lauten die Zwischenrufe. Tenor: Die Fragestellung ist klar, die Antworten nicht. Junge-Reyer erklärt den aufgebrachten Gemütern: "Momentan kann ich mir Biokohl und weidende Ziegen zwar auch nicht auf dem Gelände vorstellen, aber wir beziehen alle Ideen mit ein." Und sie fährt fort: "Viele Städte würden uns um diese Fläche beneiden. Es geht ja nicht nur um eine Schließung, sondern auch um eine Öffnung, eine Chance." Die Gegenfrage lässt nicht lange auf sich warten. Ein junger Mann ergreift das Mikrofon. Mit sachlicher Stimme stellt er die Frage des Abends: "Ist der Erhalt des Flughafens denn komplett vom Tisch?" Junge-Reyer gibt die Antwort, die man in den letzten Wochen oft von ihr vernommen hat: Der Flughafen sei wirtschaftlich betrachtet ohne Wert. Sie sehe den Reichtum einzig in der Chance der Neugestaltung.

Schließlich meldet sich sogar ein Mitgenosse der Senatorin, Mirko Wiemann, zu Wort: "Ohne den Flughafen wären wir alle nicht hier", ruft er polemisch den 200 Anwesenden zu. Auch andere erinnern an die Geschichte Tempelhofs mit der Luftbrücke. Lüscher bemerkt: "Die Geschichte des Ortes ist wichtig und sollte lesbar bleiben. Aber sie sollte sich auch in die Zukunft entwickeln." Rückwärtsgewandte Positionen präsentieren sich neben zukunftsorienten Möglichkeiten.

Nach und nach melden sich auch Anwohner, die zum eigentlichen Thema etwas beitragen möchten. So stellt ein Musiklehrer der Musikschule Tempelhof die Idee vor, zumindest Teile des Gebäudes für die Musikausbildung von Kindern und Erwachsenen zu nutzen. "Unser derzeitiger Orchestersaal ist eher ein großes Wohnzimmer und stark renovierungsbedürftig", sagt er. Eine Frau meldet sich mit der Idee, das Feld mit Solarzellen zu bestücken und etwas für saubere Energie zu tun. Im Hintergrund der hitzigen Diskussionen leuchtet die Power-Point-Präsentation: Man sieht das umgestaltete Tempelhofareal mit schönen Häusern, glücklichen Menschen, Spazierwegen und viel Grün. Eine Illusion? Wenn es nach Lüscher geht, nicht: "Es soll ein öffentlicher Raum für die ganze Gesellschaft werden." Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Am 29. November wird es einen Workshop mit Experten geben, zu dem auch die Gewinner des Ideenwettbewerbs eingeladen sind. Der Senat hofft auf eine produktive Zusammenarbeit. Endgültige Entscheidungen bleiben abzuwarten. Noch ist alles drin: Sei es der Anbau von Biogemüse, die Einrichtung von Trendsportanlagen, ein gigantischer Central Park oder der Bau einer Autorennstrecke.

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