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Flughafen TegelTegel: Ab in die Zukunft

Nach Tempelhof beginnen die Debatten über die Nachnutzung des Flughafens in Tegel: Nach 2011 sollen dort Olympische Spiele, eine Expo oder Klimastadt entstehen, wie der Airport-Erbauer anregt

Tegel: Berliner Zukunftsraum Bild: REUTERS

Es kommt nicht häufig vor, dass die Erbauer von Flughäfen noch dazu taugen, ihre Ideen über die Nachnutzung des Geländes ausbreiten können. Im Fall des Airports in Tegel, der 2011 geschlossen werden soll, ist das anders: 1965 hatte der Architekt Meinhard von Gerkan mit seinem Entwurf den Wettbewerb zum Ausbau des City-Flughafens gewonnen. Auf der "Standortkonferenz TXL", zu der am Mittwochabend Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vor Ort geladen hatte, legte der 74 Jahre alte von Gerkan seine Pläne zur Nachnutzung des Terminals und des Rollfelds vor. Und seine Vorstellung von einer "Nachhaltigen Energie Plus Stadt" waren nicht weniger spannend als der Entwurf für Tegel 1965 mit seiner Bienenwabenform, den kurzen Wegen und nahen Gates.

Natürlich kann so ein Verfahren schiefgehen, weil Urheber manchmal keinen Strich an ihren Plänen verändert wissen wollen. Auch Gerkan ist kein einfacher Architekt, hat er doch beim Hauptbahnhof erfolgreich gegen die Bahn geklagt, weil die an seiner Deckenkonstruktion im Tiefgeschoss herumpfuschte.

Im Fall von Tegel präsentierte sich der Hamburger Stararchitekt aber als ein anderer. Er gab dem "Abflug" sozusagen Schub. Allerdings warnte von Gerkan davor, das Terminalgebäude aus Kostengründen lange leer stehen oder abreißen zu lassen. Dann kämen nämlich 25 bis 50 Millionen Euro Unterhalt für die 135.000 Quadratmeter große Fläche bzw. Kosten in dreistelliger Millionenhöhe für den Abriss auf Berlin und den Bund als Eigentümer zu. Auch erteilte er Vorstellungen, Tegel als zweiten Berliner Messestandort auszubauen, eine Absage: "Das Gebäude eignet sich nicht für Kongresse und Messen".

Nach Ansicht von Gerkans bietet das 460 Hektar große Areal viel mehr Potenziale: nämlich als Campus und Raum für die "nachhaltige Stadt von morgen". Gerkan, der in China ganze Millionenstädte aus der Erde stampft, weiß, wovon er redet, und zeigte sich deshalb nicht kleinlich. Die sechseckige Vorfahrt überdachte der Architekt zu einem neuen Science- und Dienstleistungspark, den inneren Ring mit den Flugsteigen verwandelte er in ein gigantisches Windkraftwerk nebst Labor- und Forschungseinrichtungen. Abflughalle, Terminal und Tower rüstete Gerkan in Institute und Produktionsstätten für Unternehmen der Solar- und Windkraft sowie Biomasse um. Und auf dem Flugfeld wuchs Energiehaus um Energiehaus der "Energie Plus Stadt" - "einer Stadt, die Energie nicht verbraucht, sondern erzeugt", so von Gerkan. Der Klimawandel schaffe Handlungsbedarf beim Städtebau, Tegel könne zu "einem Zeichen für den Klimaschutz weltweit" avancieren, so der Architekt.

Bei so viel deutschem Wesen, an dem die Welt genesen soll, wollte auch Junge-Reyer nicht zurückstecken. Die Senatorin, die bei den Plänen zur Nachnutzung des Flughafens Tempelhof wenig ideenreich agiert, zeigte sich in Tegel als Vordenkerin - wenn auch weniger konkret als von Gerkan. Einen Park oder einen Ring aus Gewerbebauten um das Rollfeld herum lehnte sie ab. Das Gebiet bilde vielmehr "einen Zukunftsraum für Berlin, wo große Ereignisse und innovative Entwicklungen" stattfinden sollen, sagte sie. Tegel sei der Standort der Chancen: etwa für Olympische Spiele, ein Solarkraftwerk oder eine Weltausstellung.

Möglich, dass beide Visionen keine Vision bleiben müssen. Denn, wie Michael Braun, Chef der Bundesstiftung Baukultur, sagte, habe Tegel bessere Chancen als Tempelhof: Die Zeit drängt nicht, es geht nicht um historisches Sein oder Nichtsein, und politischen Streit gibt es nicht. Jedenfalls bis jetzt nicht.

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