Flughafen-Ausbau in Lübeck: Teurer Spatenstich
Am Flughafen Lübeck-Blankensee hat am Montag die erste Phase des Ausbaus begonnen, wie es ein Bürgerentscheid es verlangte. Doch ob der Flughafen damit neue Linien oder gar Investoren lockt, ist völlig offen.
HAMBURG taz | Am Flugbetrieb war es nicht zu merken, dass dieser Montag ein besonderer Tag für den Flughafen Lübeck-Blankensee war: Fünf Flieger landeten und starteten - wie immer in diesem Sommerfahrplan, wie immer waren es fünf Flieger von zwei Billig-Airlines.
Doch: Mit dem Spatenstich von Flughafenchef, Landesverkehrsminister und Bürgermeister begann der Ausbau des Flughafens. Ein neues Landesystem wird aufgebaut, dann sollen in Lübeck auch bei schlechten Sichtbedingungen Starts und Landungen möglich sein. Voraussichtlich im Februar 2012 soll das neue System in Betrieb gehen. Der Ausbau kostet rund 4,3 Millionen Euro. Das Land Schleswig-Holstein zahlt davon 1,75 Millionen Euro und Lübeck 2,5 Millionen, so die Stadt-Pressestelle.
Dass der Flughafen überhaupt noch existiert und weiter ausgebaut wird, geschieht auf ausdrücklichen Wunsch der Lübecker Bürger. Sie kippten mit ihrem Votum bei einem Bürgerentscheid im April 2010 den Beschluss der Lübecker Bürgerschaft, den stadteigenen Flughafen zu schließen. Nun muss er bis 2012 weiter betrieben werden.
In Norddeutschland gibt es sieben Flughäfen mit sehr verschiedener Anbindung.
Braunschweig-Wolfsburg: ein Ziel, Moskau.
Bremen: rund 40 Flugziele, vor allem in Europa. Eine von drei Basen von Ryanair in Deutschland.
Hamburg: fünftgrößter Verkehrsflughafen Deutschlands. Ziele weltweit.
Hannover: rund 100 Ziele weltweit.
Laage: fünf Ziele in Deutschland und der Schweiz.
Lübeck-Blankensee: sieben europäische Ziele.
Sylt: neun Ziele in Deutschland.
Denn Kommunalpolitiker der Stadt wollten die Schließung, um sich die Subventionen und Ausbaukosten zu sparen: Im vergangenen Jahr benötigte der Flughafen 1,7 Millionen Euro städtische Unterstützung. Rund 460.000 Passagiere waren es im vergangenen Jahr - profitabel soll der Flughafen ab 1,2 Millionen abgefertigten Fluggästen pro Jahr sein. Die Stadt hat 1,3 Milliarden Euro Schulden.
Die Kommunalaufsicht des Innenministeriums prüft die Ausgaben der Stadt regelmäßig. Doch Einzelposten werden dabei nicht betrachtet, schreibt die Pressestelle des Ministeriums.
Der Ausbau könnte, so war die Hoffnung der Ausbau-Befürworter, Hauptkunde Ryanair dazu bringen, eine Basis in Lübeck zu eröffnen und so mehr Betrieb zu bringen. Außerdem könnte das den Flughafen auch für Investoren attraktiver machen. Doch zurzeit sehen die Signal eher anders aus: Die irische Fluglinie hat die Winterverbindung nach London gestrichen. Eine Sprecherin hält es für "sehr unwahrscheinlich", dass Ryanair in Deutschland einen weiteren Stützpunkt aufbaue. So lange es die Luftverkehrsabgabe auf Flugtickets gebe, werde es das nicht geben.
Auch die Lübecker Grünen sind Gegner des Flughafens. Für sie ist der Spatenstich ein "fragwürdiger Grund zum Feiern". Sie sehen in dem Beginn des Ausbaus den "Auftakt für das weitere Vergraben öffentlicher Mittel", schreiben sie in einer Pressemitteilung.
Doch Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) und Flughafengeschäftsführer Jürgen Friedel sind optimistisch am Tag des Spatenstichs: Er habe positive Signale gegeben, dass der Hauptkunde Ryanair seine im Winterflugplan gestrichene Verbindung nach London zum Sommer wieder aufnehmen wird, sagte der Flughafenchef.
"Damit setzen wir ein Signal und zeigen, dass auch öffentliches Geld in den Flughafen investiert wird", sagte Verkehrsminister Jost de Jager (CDU). Das Land habe langfristiges Interessen an dem Standort, sagt de Jager: "Wenn der Hamburger Flughafen in etwa 20 Jahren seine Kapazitätsgrenze erreicht, hätten wir gerne eine Ausweichmöglichkeit in Schleswig-Holstein und nicht nur in Niedersachsen." Er machte aber auch klar: Eine weitere Förderung des Lübecker Flughafens wird es erst geben, wenn der neue Linien und einen Investor vorweisen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist