Flüchtlingspolitik in Europa: EU-Parlamentarier für Schengen
Abgeordnete im EU-Parlament fordern ein Ende der Grenzkontrollen. Die Kommissionspläne über ein neues Asylpaket kritisieren sie als unzureichend.
Dänemark, Deutschland, Österreich, Schweden und Norwegen sollten ihre Grenzkontrollen höchstens weitere sechs Monate aufrechterhalten dürfen, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Die Kommission hoffe, dass es danach keine solchen Kontrollen mehr geben werde. Er warnte vor „den politischen Kosten eines Nicht-Schengen“.
Der konservative EU-Parlamentarier Milan Zver aus Slowenien sagte: „Ich bin überzeugt, dass das Ende des Schengensystems ein Ende Europas sein könnte.“ Nötig seien aber sichere Außengrenzen. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Ska Keller forderte, die Grenzkontrollen müssten „sofort aufhören“. Offene Grenzen seien „das Fundament, auf dem Europa ruht“.
Zu den Vorschlägen der EU-Kommission für ein neues Asylsystem sagte die italienische Sozialdemokratin Elly Schlein: „Diese Initiative ist nicht, was wir erhofft hatten. Sie bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück.“ Nötig sei ein besseres Verfahren für die Überprüfung der Asylanträge „in europäischer Verantwortung“. Das bisherige „Dublin“-System, wonach das Land für die Behandlung eines Asylantrags zuständig ist, in dem der Asylsuchende erstmals die EU betritt, sei „tot – und man darf es nicht künstlich verlängern“.
EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans verteidigte die Vorschläge seiner Behörde, die erstmals einen „Fairness-Mechanismus“ vorsehen: Wenn die gemäß „Dublin“ zuständigen Staaten mit der Aufnahme von Flüchtlingen zahlenmäßig überfordert sind, sollen andere EU-Staaten die Menschen aufnehmen. Tun sie das nicht, müssen sie eine Art „Strafe“ in Höhe von 250.000 Euro pro Person zahlen.
Das Projekt: Die Europäische Grenzpolitik will Flüchtlinge von Europa fern halten. Aber für fliehende Menschen gibt es oft keinen Weg zurück. Es entstehen neue Routen, andere Wege. In einer interaktiven Onlinegrafik auf taz.de/fluchtrouten zeigen wir, wie politische Entscheidungen die Fluchtrouten in den vergangenen beiden Jahren beeinflusst haben.
Die Christdemokratin Roberta Metsola (Malta) bezeichnete den Korrekturmechanismus als Schritt in die richtige Richtung, bedauerte aber, dass sich Mitgliedstaaten von ihrer Verpflichtung zur Aufnahme von Asylsuchenden „freikaufen“ können.
Unterdessen hat die EU-Kommission vorgeschlagen, auch mit Nigeria ein Abkommen zur Rückübernahme von illegal eingereisten Menschen auszuverhandeln. Damit die Verhandlungen mit Nigeria beginnen können, ist eine Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten nötig. Bislang gibt es Rückübernahmeabkommen mit mehr als einem Dutzend Ländern.
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