Flüchtlingspolitik in Europa: Menschen sterben, Europa streitet
Die EU findet keinen gemeinsamen Nenner. Bundeskanzlerin Merkel besteht auf einer grundlegenden Reform der europäischen Asylpolitik.
Gegen die deutsch-französische Initiative für verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen gibt es aber weiterhin massiven Widerstand. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban machte erneut Front gegen Berlin. Bei einem Treffen in Prag lehnten aber auch die Regierungschefs aus Polen, Tschechien und die Slowakei solche Quoten strikt ab. Die Flüchtlingskrise ist auch beherrschendes Thema eines Treffens der EU-Außenminister an diesem Wochenende in Luxemburg.
Großbritanniens Premierminister David Cameron erklärte sich zur Aufnahme von mehreren tausend Syrern bereit. Eine genaue Zahl nannte er nicht. Das Angebot richtet sich jedoch ausdrücklich nur an Menschen, die noch in Flüchtlingslagern an Syriens Grenze sind. Für Flüchtlinge, die es bereits nach Europa geschafft haben, gilt es nicht. Der konservative Premier, der bislang eine harte Haltung verfolgt, war durch das Bild eines ertrunkenen Jungen massiv in die Kritik geraten.
Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, appellierte an die EU, sich auf die Verteilung von bis zu 200.000 Flüchtlingen nach verbindlichen Quoten zu einigen. Deutschland und Frankreich wollen ebenfalls solche Quoten. Damit unterstützte er den Vorschlag aus Berlin und Paris.
Merkel sagte, Aufgaben und Belastungen müssten gerechter verteilt werden. „Ganz Europa ist entsprechend der Wirtschaftskraft und Größe des jeweiligen Landes gefordert.“ Zugleich schloss sie Steuererhöhungen wegen der Flüchtlingskrise aus. „Wir werden keine Steuern erhöhen.“
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bestätigte, nächste Woche die Aufteilung von 120.000 weiteren Flüchtlingen auf andere EU-Staaten vorschlagen zu wollen. Damit sollen Griechenland, Italien und Ungarn entlastet werden. Bislang gibt es solche Pläne für 40.000 Menschen. Selbst diese freiwillige Verteilungsquote scheiterte bislang allerdings am Widerstand vor allem osteuropäischer Länder.
Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen auf griechischen Inseln versprach der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Athen weitere Hilfe. In der Hafenstadt Piräus soll bald ein sogenanntes Hotspot-Zentrum öffnen, wo Flüchtlinge registriert werden.
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