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Flüchtlingspolitik in EuropaMenschen sterben, Europa streitet

Die EU findet keinen gemeinsamen Nenner. Bundeskanzlerin Merkel besteht auf einer grundlegenden Reform der europäischen Asylpolitik.

Wie weiter? Flüchtlinge in Budapest. Foto: dpa

Budapest/Luxemburg/Berlin dpa | Der Streit um die Flüchtlingspolitik in Europa geht weiter. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine grundlegende Reform der europäischen Flüchtlingspolitik. „Das gesamte System muss neu gestaltet werden“, sagte Merkel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zwischen den 28 EU-Ländern müsse es eine „faire Lastenverteilung“ geben.

Gegen die deutsch-französische Initiative für verbindliche Quoten zur Verteilung von Flüchtlingen gibt es aber weiterhin massiven Widerstand. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban machte erneut Front gegen Berlin. Bei einem Treffen in Prag lehnten aber auch die Regierungschefs aus Polen, Tschechien und die Slowakei solche Quoten strikt ab. Die Flüchtlingskrise ist auch beherrschendes Thema eines Treffens der EU-Außenminister an diesem Wochenende in Luxemburg.

Großbritanniens Premierminister David Cameron erklärte sich zur Aufnahme von mehreren tausend Syrern bereit. Eine genaue Zahl nannte er nicht. Das Angebot richtet sich jedoch ausdrücklich nur an Menschen, die noch in Flüchtlingslagern an Syriens Grenze sind. Für Flüchtlinge, die es bereits nach Europa geschafft haben, gilt es nicht. Der konservative Premier, der bislang eine harte Haltung verfolgt, war durch das Bild eines ertrunkenen Jungen massiv in die Kritik geraten.

Der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, António Guterres, appellierte an die EU, sich auf die Verteilung von bis zu 200.000 Flüchtlingen nach verbindlichen Quoten zu einigen. Deutschland und Frankreich wollen ebenfalls solche Quoten. Damit unterstützte er den Vorschlag aus Berlin und Paris.

Merkel sagte, Aufgaben und Belastungen müssten gerechter verteilt werden. „Ganz Europa ist entsprechend der Wirtschaftskraft und Größe des jeweiligen Landes gefordert.“ Zugleich schloss sie Steuererhöhungen wegen der Flüchtlingskrise aus. „Wir werden keine Steuern erhöhen.“

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker bestätigte, nächste Woche die Aufteilung von 120.000 weiteren Flüchtlingen auf andere EU-Staaten vorschlagen zu wollen. Damit sollen Griechenland, Italien und Ungarn entlastet werden. Bislang gibt es solche Pläne für 40.000 Menschen. Selbst diese freiwillige Verteilungsquote scheiterte bislang allerdings am Widerstand vor allem osteuropäischer Länder.

Angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen auf griechischen Inseln versprach der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, Athen weitere Hilfe. In der Hafenstadt Piräus soll bald ein sogenanntes Hotspot-Zentrum öffnen, wo Flüchtlinge registriert werden.

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6 Kommentare

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  • Hallo, Misanthrop, ich sehe einiges so ähnlich wie Du.

     

    Wenn Europa in seine Einzelteile zerfällt, steht Deutschland, wie immer, mitten in der Brandung: Ost-West.

     

    Seit Peter dem Großen ist Rußmand in Europa angekommen. Keine regionsübergreifende Politik mehr ohne Rußland!

     

    Wie schon öfter geschehen, wird nach der Auflösung Europas Deutschland sich an Rußland anlehnen. Moskau ist näher als Washington. Und die wirtschaftlichen Interessensind ebenfalls evident.

     

    Dann wird ein Europa östlicher Prägung zusammengebastelt. Gut? Schlecht? Ich weiß es nicht.

     

    Mir persönlich ist das atlantische Europa lieber, vorausgesetzt den US-Kameraden kann man noch über den Weg trauen.

     

    Die Ukraine ist seit Kruchtchov ein Zwitterwesen, ein Unding wie viele Staaten in der Welt. Sie dient der aktuellen russischen Politik als Hebel, um die EU und die USA Mores zu lehren.

     

    Wieweit die USA noch gehen werden, steht in den Sternen geschrieben, ich fürchte sie werden ihr Heil in einem Krieg suchen. Wie so oft gehabt!

     

    Seit dem WK2 haben besagte USA viele Kriege geführt - und keinen gewonnen.

     

    Leider gibt es in der EU keine europäische Politik, kein EU-Verteidigungsbündnis, keine EU-Außenpolitik! Solche Dinge passen den Nationalstaaten nicht!

     

    Da wird wohl jemand anders die Initiative ergreifen. Davor ist mir bange!

  • 7G
    70023 (Profil gelöscht)

    Ich liebe die gemeinsame Werte des Westens. Demokratie, MENSCHENrechte, MEINUNGSfreiheit, RELIGIONSfreiheit und Toleranz. Ach ich hätte fast vergessen SammlungsFREIHEIT aber nur im SAMMLUNGSLAGER.

    Ein wünderbarer Kontinent "EUROPA"

  • Eine europaweite Einigung wird kommen - spätestens dann, wenn genügend Denkmodelle existieren, wie man aus dem Problem ein dickes Geschäft machen kann. Alles bisherige EU-Geschehen in diversen anderen Dingen lassen nur diesen Schluß zu, wenn man bedenkt, was von der ursprünglichen Schönwetteridee "vereinigtes Europa" tatsächlich übrig geblieben ist.

     

    Wenn dennoch eine gute Lösung angestrebt wird, dann führt kein Weg daran vorbei, über das Flüchtlingsproblem hinaus als Schwerpunkt auch das Problem zu berücksichtigen, welches da sein wird, sobald eine vermeintlich gerechte Verteilung der Flüchtlinge und der Kosten erfolgt ist.

  • Tja.. sieht so aus, als ob die (USA hörige..) EU/BRD "Realpolitik" neoliberaler Geld/Profit/Banken/Börsen Kultur mit Gesetzen, Regeln und kalkulierten Kriegen am `Ende´ist !

    Menschliche Solidarität, Überlebenshilfe, für die Flut an Migranten und Kriegsflüchtlingen

    scheitert an Regeln und Gesetzen der ökonomiefixierten "Realpolitik" !

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    Das geht so nicht! Die "Realpolitik" muss sich dem kategorisch Imperativen Ruf nach Solidarität mit den gemarterten Flüchtlingen beugen!

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    Es gilt, das die EU "Realpolitik" das Konzept der Solidarität, der Menschlichkeit, wiedererlernen MUSS!

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    Und: Die apokalyptische Prophezeiung von @MISANTHROP , zufolge der die USA weiterhin auf Destabilisierung Europas hinwirken: Das wird nix ! MINSK II. Frieden winkt!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Das jetzige Problem wird die EU schon noch schaffen, denke ich.

    Aber das nächste Problem steht schon vor der Türe. Meldung von vorgestern 'Zitat': 'Angesichts des Konflikts mit Russland wegen der Ukraine-Krise haben die USA ihre europäischen Militärdepots aufgestockt. Auch ein Lager in Deutschland ist betroffen'. Zitat Ende.

    Ich prophezeie, daß die USA in wenigen Monaten einen Krieg in der Ukraine beginnen werden, 2000 km näher an uns als der Irak. Die Ukraine hat etwa 40 Millionen Einwohner. In der Folge haben wir sicher mit einigen Millionen zusätzlichen Flüchtlingen aus der Ukraine zu rechnen.

    Und der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest in Washington sagte auf die Frage, ob die USA Flüchtlinge aus den betreffenden Regionen aufnehmen würden, Zitat: "Europa hat die Kapazität, dieses Problem selber zu lösen." Andere Ankündigungen habe er nicht zu machen'. Zitat Ende. Ein europäisches Problem also.

    Vielen Dank USA. Unser sehr freundlicher Verbündeter verläßt uns nicht.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Einen Krieg mit Russland kann sich auch die USA nicht leisten. Davor beschützen uns letztlich die russischen Interkontinentalraketen. Verrückt, nicht?