Flüchtlingslager in Calais: Hollande will komplette Räumung
Seit Monaten sorgt das Flüchtlingscamp für politischen Zündstoff. Nun versichert Präsident Hollande: Die Tage des „Dschungels“ sind gezählt.

Der franzözische Präsident François Hollande in Calais: Das Lager hat er nicht besucht Foto: reuters
CALAIS afp/dpa | Der französische Staatspräsident François Hollande hat den Willen seiner Regierung zur Schließung des Flüchtlingslagers von Calais bekräftigt. Das Camp werde „vollständig und endgültig aufgelöst“, sagte Hollande am Montag bei einem Besuch in der nordfranzösischen Hafenstadt. In dem Lager halten sich nach offiziellen Angaben rund 7.000 Menschen auf. Nach Zählungen von Hilfsorganisationen sind es sogar mehr als 10.000.
Zugleich rief Hollande die britische Regierung auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. „Die britischen Behörden müssen die humanitären Anstrengungen Frankreichs unterstützen“, forderte Hollande. Das Votum der Bürger für einen EU-Austritt entbinde die Regierung in London nicht von ihren Pflichten.
Im Abkommen von Touquet von 2003 hatte sich Frankreich verpflichtet, die Flüchtlinge vom Überqueren des Ärmelkanals abzuhalten. Im Gegenzug finanziert Großbritannien unter anderem Sperranlagen in Nordfrankreich. Dazu zählt auch eine 2,7 Millionen Euro teure Mauer, die die Flüchtlinge vom Hafen fernhalten soll. Der Bau hatte am vergangenen Dienstag begonnen.
Die Situation ist politisch brisant, auch mit Blick auf die Präsidentschaftswahl in Frankreich im kommenden Frühjahr. Die Räumung wurde Anfang September angekündigt, die Menschen sollen auf Aufnahmezentren im ganzen Land verteilt werden. Ein Datum ist noch nicht bekannt, Hollande hatte am Samstag aber von den „kommenden Wochen“ gesprochen. Wer kein Recht auf Asyl hat, soll ausgewiesen werden.
Der sozialistische Präsident begründete die Pläne in einer Rede vor Polizisten auch mit humanitären Gesichtspunkten. „Wenn wir Würde, Solidarität und Schutz sicherstellen wollen, müssen wir das Heideland von Calais räumen“, betonte er. Es war sein erster Besuch als Staatschef in Calais, zum „Dschungel“-Gelände begab er sich nicht.
Er warnte davor, die Situation zu instrumentalisieren – eine Anspielung auf konservative Oppositionspolitiker, die angesichts der Regierungspläne vor vielen „Mini-Calais“ in ganz Frankreich gewarnt hatten. Zugleich äußerte Hollande Verständnis für Unmut in der Region Calais. Geschäftsleute klagen über Umsatzeinbrüche, Lastwagenfahrer fürchten Straßenblockaden durch Migranten, Tag für Tag sind Hunderte Polizisten im Einsatz.
Leser*innenkommentare
DR. ALFRED SCHWEINSTEIN
Hollande hat recht. Flüchtlinge, die ihr unsicheres Herkunftsland und damit die unmittelbare Bedrohungszone verlassen haben, sind in Sicherheit und bedürfen keiner Weiterreise in ein Land ihrer Wahl. Dem Asylrecht ist damit Genüge getan, für alles weitere sind die jeweiligen Einreisebestimmungen gültig. Entsprechende Anträge können jederzeit gestellt werden.