Flüchtlinge in Griechenland: Verzweifelter Protest
Einige Flüchtlinge in Griechenland treten in den Hungerstreik. Andere wollen sogar zurück zur türkischen Küste schwimmen.
Drei Menschen kämpften sich von Chios aus Richtung offenes Meer. Sie trugen orange leuchtende Schwimmwesten, hinter ihnen in der Ferne war die türkische Küste zu sehen. Plötzlich kamen Seenotretter in Schlauchbooten und zogen die Menschen an Bord. Auf einem Youtube-Video ist die Aktion zu sehen – es handelt sich um Migranten, die Anfang der Woche von Chios aus 15 Kilometer weit zurück in die Türkei schwimmen wollten.
Sechs Migranten versuchten bisher diese waghalsige Aktion, fünf Marokkaner und ein Algerier. Wie ein Offizier der griechischen Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch bestätigte, hatten die Betreffenden keine Chance auf Asyl. Deshalb hätten sie versucht, schwimmend die türkische Küste zu erreichen, um von dort aus einen anderen Weg nach Mitteleuropa zu finden – etwa über Bulgarien oder in Frachtern über das Mittelmeer.
„Das Vorhaben ist absurd und höchst gefährlich, die Strecke ist rund 15 Kilometer lang und es gibt starke Strömungen. Das schaffen nur wirklich gute Schwimmer, die sich auf solch eine Strecke vorbereitet haben“, sagte der Beamte der Wasserpolizei.
Hungerstreik am Flughafen
Die Lage der Flüchtlinge und Migranten in Griechenland bleibt trotz intensiver Bemühungen der griechischen Regierung weiterhin unübersichtlich und angespannt. So wurden zwar weitere vier Auffanglager im Norden des Landes eröffnet, gleichzeitig aber besetzen Flüchtlinge in Idomeni weiterhin die Bahnschienen, um die Öffnung der Grenze zu erzwingen. Rund 10.000 Menschen harren an der mazedonischen Grenze aus und hoffen, weiterreisen zu können.
Im provisorischen Flüchtlingslager am alten Athener Flughafen Ellinikon traten Dienstagmorgen Hunderte Flüchtlinge in einen Hungerstreik. Wie die Athener Tageszeitung „Kathimerini“ berichtete, protestieren die Menschen damit gegen die Qualität des Essens, das dort ausgegeben wird, und gegen die schlechten Lebensbedingungen.
In Zelten und in den Bauten des ehemaligen Flughafens der griechischen Hauptstadt leben derzeit rund 3500 Flüchtlinge und Migranten, in der Mehrzahl Afghanen. Vor allem bei Kindern wird immer häufiger die Durchfallerkrankung Ruhr diagnostiziert.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat nun gemeinsam mit den griechischen Behörden begonnen, Flüchtlingskinder zu impfen. „Nicht etwa, weil irgendeine Krankheit ausgebrochen ist, sondern vorbeugend, und zwar gegen jene zehn Krankheiten, gegen die eigentlich jedes Kind in Europa geimpft sein sollte“, erklärt Katy Athersuch, eine Sprecherin der Hilfsorganisation, der dpa.
Die Impfungen sollen unter anderem vor Polio, Mumps, Hepatitis B und Tetanus schützen. Sechs Teams von Ärzte ohne Grenze sowie Vertreter der griechischen Behörden werden nach und nach in Flüchtlingslagern im ganzen Land Impfungen vornehmen. Arbeitsintensiv sei vor allem die Aufklärung der Menschen über die Impfungen, sagte Athersuch.
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