Flüchtlinge in Calais: Französische Polizei räumt Lager
In der französischen Küstenstadt Calais hat die Polizei ein Flüchtlingslager aus hygienischen Gründen geräumt. Die Menschen versuchen, von dort nach England zu gelangen.
CALAIS afp | In der nordfranzösischen Hafenstadt Calais hat die Polizei nach dem Ausbruch der Krätze mehrere Flüchtlingslager mit hunderten Bewohnern geräumt. An der Aktion waren am Mittwoch rund 200 Polizisten beteiligt, wie die Behörden mitteilten. Die Räumung der drei Lager verlief weitgehend friedlich. Bulldozer zerstörten anschließend die improvisierten Zelte der insgesamt rund 550 Flüchtlinge, die in den meisten Fällen hoffen, nach Großbritannien zu gelangen. Den Flüchtlingen wurden medizinische Behandlung und die Unterbringung in Notunterkünften in der Region angeboten.
Hilfsorganisationen verurteilten das Vorgehen der Behörden. „Räumungen werden nicht die Zahl der Migranten in den Straßen von Calais senken“, erklärte Leigh Daynes vom britischen Zweig der Organisation Ärzte der Welt. „Vielmehr zerstreuen sie die Migranten, was es schwieriger macht, ihnen zu helfen, sie zu dokumentieren, sie ausfindig zu machen. Das wird sich negativ auf ihr Grundrecht auf gesundheitliche Fürsorge und Schutz auswirken.“
Ein Mitarbeiter der katholischen Hilfsorganisation Secours Catholique sagte, die Lage der Flüchtlinge in Calais habe sich seit zehn Jahren nicht verbessert. „Indem ihnen das Leben schwer gemacht wird, werden wir nicht dafür sorgen, dass sie verschwinden.“
Innenminister Bernard Cazeneuve verteidigte den Polizeieinsatz, der aus „hygienischen“ Gründen notwendig und „in einem humanen Rahmen“ abgelaufen sei. „Wenn Eritreer oder Syrer auf unserem Territorium sind, in hygienisch unwürdigen Bedingungen, dann müssen wir diese Schwierigkeiten beseitigen“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP und weiteren französischen Medien.
Der Präfekt der Region Pas-de-Calais, Denis Robin, sagte, neben den gesundheitlichen Problemen wie der Hautkrankheit Krätze habe es in den Flüchtlingslagern auch Sicherheitsprobleme und Prügeleien gegeben. Die Lager „mitten im Zentrum von Calais“ seien schlichtweg zu groß geworden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern