Flüchtlinge aus Libyen: Deutschland will keinen aufnehmen
Die Bundesregierung will fliehende Afrikaner aus Libyen trotz UN-Bitte nicht aufnehmen. Man verweist auf die gestiegene Zahl der Asylbewerber.
BERLIN taz | Deutschland ist nicht bereit, weitere Flüchtlinge aus Libyen aufzunehmen. Wie das Bundesinnenministerium der taz mitteilte, "besteht derzeit kein großer Spielraum für weitere Aufnahmen". Denn "im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedstaaten sind in Deutschland im Jahr 2010 die Asylbewerberzahlen stark angestiegen". Die Bundesregierung sei "der Auffassung, dass zuallererst humanitäre Unterstützung vor Ort erfolgen sollte".
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte am 15. März und erneut am 6. April unter anderem Deutschland um die Aufnahme von 8.000 aus Libyen fliehenden afrikanischen Migranten gebeten. Das wurde abgelehnt, bestätigt UNHCR-Sprecher Stefan Telöken.
Inzwischen sind nach UNHCR-Schätzung rund 1.200 Libyen-Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern südlich der Sahara bei dem Versuch ertrunken, Europa über das Mittelmeer zu erreichen. Der Leiter der EU-Grenzagentur Frontex, Klaus-Josef Rösler, hat in der taz Libyens Regime beschuldigt, die Flüchtlinge in den Tod zu treiben.
Die deutsche Haltung sei "beschämend", erklärte am Mittwoch der grüne Bundestagsabgeordnete Tom Koenigs und forderte Solidarität. Pro Asyl rief zu einer Kampagne zur Aufnahme von Libyen-Flüchtlingen in Europa auf. An Europas Grenzen dürfe es keine "menschenrechtsfreien Zonen" geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“