Flotter, besser, flexibler

Die neuen Studienabschlüsse Bachelor und Master sollen ein schnelleres Studium ermöglichen. Doch ihre Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt steht in den Sternen  ■ Von Gereon Asmuth

Mit der Einführung der neuen Studienabschlüsse Bachelor und Master sollen zukünftig gleich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Zum einen sollen deutsche Studenten kürzer studieren und leichter ins Ausland wechseln können. So sind sie nach Ansicht vieler Bildungspolitiker besser gerüstet für den zunehmend internationalen Arbeitsmarkt und stehen den Arbeitgebern schneller zur Verfügung. Zum anderen sollen die neuen Abschlüsse deutsche Universitäten für ausländische Studierende attraktiver machen. Denn ausländische Studenten sind nach ihrer Rückkehr in die Heimatländer wichtige Bindeglieder für internationale Geschäfte.

Bevor die Neuregelung endgültig von den Parlamenten abgesegnet wird und in die Landesgesetze einfließt, beginnen im Wintersemester an dreizehn Universitäten Studiengänge, die zu den neuen Abschlüssen führen sollen. Nach sechs Semestern grundständigem Studium gibt es dann den Bachelor. Wer noch zwei bis vier Semester dranhängt, hat den Master in der Tasche. Zeitlich ist das kein Unterschied zum bisherigen Diplom oder Magister. Doch zum Curriculum des Bachelors gehören englischsprachige Vorlesungen und ein Auslandsaufenthalt.

Ein grundsätzliches Kriterium weiterer Bachelor- und Masterstudiengänge, die an anderen Unis eingerichtet werden sollen, ist das allerdings nicht. „Derzeit weiß man noch nicht, wie diese Studiengänge aufgebaut sein werden“, meint Heinz Griesbach vom Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover. Es sei zwar theoretisch möglich, die jetzigen Studiengänge einfach nach sechs Semestern zu beenden, aber wenig sinnvoll. Und über die Akzeptanz der neuen Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt könne derzeit nur spekuliert werden.

Wolfgang Hornig vom Hochschuldidaktischen Zentrum der Universität Augsburg hat bereits erste Erfahrungen gesammelt. Für Wirtschaftswissenschaftler bietet Augsburg seit 1992 den Bachelor an, schon nach zwei Studienjahren und gleichgesetzt mit dem Vordiplom. Der Grund für die extrem kurze Studiendauer liegt im Bildungssystem: „In den USA und in Großbritannien gibt es den Bachelor erst nach drei Jahren. Aber dort müssen die Studierenden vieles nachholen, was hier in der längeren Schulzeit gelehrt wird“, sagt Hornig.

Bisher nehmen gerade mal drei Prozent aller Studierenden das Angebot wahr. 50 Prozent der Bachelor-Abgänger haben zuvor bereits eine Lehre gemacht und dann das Kurzstudium draufgesetzt. Andere Studierende wählen den vorgezogen Abschluß, weil sie nach Praktika bereits Stellenangebote bekamen. Auch in Kombination mit anderen Studiengängen ist der Bachelor beliebt. Zum Beispiel ein Ingenieur-, Sprachen- oder Informatikstudium vor oder nach dem ökonomischen Kompaktstudium. „Es geht eben nicht um eine kurze Ausbildung als Selbstzweck, sondern um die langfristige Sicherung der Berufsfähigkeit der Studenten“, meint Hornig. Zudem wird der Bachelor besonders von Frauen genutzt, die so eine Kinderpause in die Ausbildung integrieren können, ohne als Studienabbrecherinnen dazustehen.

Auch an der Ruhr-Universität Bochum können Philologen, Historiker und Philosophen schon seit 1993 den „Bakkalaureus Artium“ (B.A.) erwerben. Nach sechs Semestern erfolgt hier in drei gleichberechtigten Fächern die Prüfung auf Nebenfachniveau. Wer eines der Fächer anschließend zum Hauptfach wählt, kann die Magisterprüfung anschließen. „Dafür brauchen viele Studierende nur noch ein Semester“, sagt Astrid Steger vom Koordinierungsbüro für das Reformmodell.

„Die Möglichkeit, zwischendurch auszusteigen, motiviert viele zum Weiterstudieren“, meint Steger. Die hohe Abbrecherquote sei deutlich gesunken. Das neue System lockt zudem mit einer integrierten EDV-Ausbildung und fächerübergreifender Studienberatung. Daß das nach Ablauf des Modellversuchs im bisherigen Umfang beibehalten werden kann, bezweifelt Steger. Auch bei der Anerkennung des neuen Abschlusses auf dem Arbeitsmarkt sieht sie Probleme. So sei der Magister-Abschluß selbst zwanzig Jahre nach seiner Wiedereinführung noch nicht richtig etabliert. Dank der klaren Profilierung des B.A. hofft sie auf schnellere Akzeptanz.

Doch das wird kaum in allen Fachbereichen der Fall sein. Kurt Begitt von der Gesellschaft deutscher Chemiker hält den Bachelor noch für verfrüht. Zwar habe bei den Arbeitgebern schon ein Umdenken eingesetzt, so daß diplomierte Chemiker inzwischen immerhin auch ohne die Promotion Arbeitsplätze finden würden. Bis das Kurzstudium aber anerkannt sei, müßten in vielen Gremien noch grundlegende Fragen diskutiert werden. „Auch mit den Gewerkschaften muß verhandelt werden, da ein Bachelor auf dem selben betrieblichen Level stünde wie ein Laborant mit klassischer Ausbildung“, so Begitt.

In den Ländern, in denen der Bachelor etabliert sei, gebe es schließlich nicht das Nebeneinander von betrieblicher und staatlicher Ausbildung. Für Kurzzeitstudenten müßten erst Arbeitsfelder im Marketing oder Managementbereich erschlossen werden. Vorerst empfiehlt Begitt dem Chemikernachwuchs weiterhin klassische Diplomstudiengänge. Denn nur diese würden für eine Arbeit im Forschungsbereich qualifizieren. Und dort sei aufgrund der derzeit stark gesunken Studentenzahlen schon jetzt eine Lücke absehbar.