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Florian Pronold und die GentrifizierungKeine Strafen für Wuchermieten

Die Bundes-SPD stellt ihr wohnungspolitisches Konzept vor. Florian Pronold, neu im Kompetenzteam, will sozialen Wohnungsbau mit Steuergeld fördern.

In ist, wer drin ist: Florian Pronold ist in Peer Steinbrücks Kompetenzteam und wohnt – nicht zur Miete – in Berlin-Friedrichshain. Bild: dpa

BERLIN taz | Florian Pronold ist Teil des Problems. Das räumt der SPD-Politiker freimütig ein. Der 40-Jährige, in Peer Steinbrücks Kompetenzteam neuerdings für Infrastruktur und Wohnen zuständig, ist selbst Wohnungseigentümer in Friedrichshain, einem angesagten Berliner Bezirk.

Als er kürzlich ein Taxi nach Hause bestellte, erzählte ihm der Fahrer, er sei eigentlich in Pronolds Viertel geboren. Wegen der Privatisierung von Wohnungen und der steigenden Mieten habe er aber nach all den Jahren wegziehen müssen, an den Stadtrand. Da sei es noch bezahlbar.

Gentrifizierung nennt man so was. Und Pronold, der Bayer in Berlin, ist einer von diesen Wohnungseigentümern. Was seine Partei gegen soziale Verdrängung und für mehr Wohnungsbau tun will, soll an diesem Freitag in Hamburg vorgestellt werden.

Auf der Fachkonferenz „Miteinander: Für bezahlbares Wohnen“ wollen Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und Kompetenzler Pronold ein 17-Punkte-Programm vorstellen. Am Donnerstag umriss Florian Pronold vor Journalisten schon einmal das Konzept der SPD.

Im „Land der Dichter und Dämmer“

Die Sozialdemokraten planen, in Städten mit erheblicher Wohnungsnot den sozialen Wohnungsbau steuerlich zu fördern. Wie und in welcher Höhe das sein soll, wolle man in Hamburg erläutern. Beim Mieterschutz will die SPD dafür sorgen, dass bei Weitervermietungen absurde Erhöhungen um aktuell bis zu 40 Prozent der alten Miete auf 10 Prozent begrenzt werden.

Zudem sollen Bestandsmieten innerhalb von vier Jahren nur noch um 15 Prozent steigen dürfen. Zur energetischen Gebäudesanierung will die SPD über die Kreditanstalt für Wiederaufbau Einzelmaßnahmen finanzieren. Im „Land der Dichter und Dämmer“ können jährlich 11 Prozent der Kosten auf die Mieter umgelegt werden. So würden Menschen „raussaniert“. Die SPD fordert neun Prozent.

Gefragt, wie er das Problem der Gentrifizierung sieht, antwortete Florian Pronold, es gebe „nicht das Recht, in einem bestimmten Stadtteil dauerhaft zu leben“. Gleichwohl dürften „Menschen nicht an die Ränder verdrängt werden. Wir versuchen, die Exzesse einzuschränken.“

Sanktionen gegen unerlaubte Luxussanierungen oder Wuchermieten hält der SPD-Mann für untauglich. Ob jemand trotz Sanierungsgebiets-Status eine Fußbodenheizung einbaue oder 12 Euro statt der erlaubten sieben Euro Kaltmiete kassiere, müsste schließlich auch kontrolliert werden. Und wie sollte das gehen?

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8 Kommentare

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  • M
    Mieter0815

    Ich wohne in einer Wohnung, die offensichtlich in Millionärshänden ist. Schäden an Haus und Wohnung werden nur nach Gerichtsanrufung repariert. Gebäude und Grund verwahrlosen halbwegs. Die Vermieter zerren jährlich Mieter vors Gericht, wegen ein paar Euro Mehrmiete. Viele tausend Euro für verlorene Prozesse und Gutachten sind den Leuten egal. Es geht nicht um Geldanlage, hier regiert das Herrschaftswesen. Und Pronolds Worte offenbaren nichts anderes. Preiswerte, normale und brauchbare Wohnungen sollen heute nach SPD nicht mehr die Wohlhabenden bauen und pflegen, da muss schon wieder der Steuersäckel geleert werden. Das Ende: Die armen Mieter können sich's noch immer nicht leisten, aber die Investoren verdienen trotzdem wie bei einem Luxusbau, weil das ganze ja Steuerfinanziert wird.

    Mir graut.

  • M
    minos

    Mit dem wird das eh nix!

     

    Florian Pronold hat noch nie eine Wahl gewonnen und wird auch nie eine Wahl gewinnen. Ein reiner Partei-Karrierist der es nur der Liste zu verdanken hat dass ersich an lukrative Posten heranrobben konnte. Pronold ist ein Heißluftgebläse finanziert vom Steuerzahler und von SPD Mitgliedsbeiträgen.

    Solange der in Bayern Vorsitzender ist kann die CSU beruhigt sein.

     

    Grüße aus Niederbayern!

  • M
    Mieter

    Was die SPD hier ankündigt sind nur Scheinlösungen oder sogar Politik im Sinne der Vermieter.

    Die Begrenzung von 15% auf 4 Jahre ist immer noch etwa doppelt so hoch wie Inflation und Lohnsteigerungen. Am Grundproblem, dass die Miete einen immer größeren Anteil des Einkommens auffrisst, lässt sich so rein gar nichts verändern.

    Die steuerliche Förderung von sozialem Wohnungsbau ist unter den derzeitigen Randbedingungen ein schlechter Witz. Die Sozialbindung gilt häufig nur für 15 Jahre, ein Zeitraum der auf die Lebenserwartung einer Wohnimmobilie (min. 80 Jahre) gerechnet vergleichsweise kurz ist. Letztlich fließen also Steuern in das Portfolio privater Investoren, die sich den Mietzins ihrer von der gesellschaft bezuschussten Kapitalanlage dann auch noch einstecken können.

    Und von Maßnahmen gegen Wuchermieten wollen sie nichts wissen, obwohl das die geltende Rechtslage sogar hergeben würde (ab 20% Überteuerung ordnungswidrig, ab 50% sogar strafbar). In diesem Punkt ist Pronolds Position also sogar ein Rückschritt hinter den juristischen status quo.

    Ich finde es einfach nur zynisch und perfide wie SPD und ihr Kompetenz-Gentrifier versuchen derartige Umverteilungsmaßnahmen von unten nach oben auch noch als sozial zu verkaufen.

  • I
    Irmi

    Wenn Hr. Florian Pronold einer dieser Luxussanierer ist, kann er sich natürlich nicht in einen "normalen" Bürger oder Rentner hineinversetzen. Diese Herrschaften verdienen im Monat mindestens zwischen 8 bis 13.000 €, da sind 1.000 € Kaltmiete ein Taschengeld.

     

    Selbst 11 % von Wuchermieten alle 4 Jahre, besonders im Münchner Raum und Umfeld ist viel zu viel.

     

    Selbst wenn man an den Stadtrand oder in die Pampa zieht spart man sich nichts, da sich dann die höheren Fahrkosten mit Bahn und noch mehr durch die hohen Benzinpreise die Ersparnis auffressen, sogar drüber hinaus.

  • I
    Irmi

    Gentrification heißt, Veredelung des Wohnumfelds sowohl durch Veränderung der Bevölkerung, wie in aller Regel auch durch Restaurierungs- und Umbautätigkeit.

     

    Einfach gesagt, Luxussanierungen, Luxusbauten für die Reichen, die Armen sollen an den Stadtrand, damit die Reichen das Elend nicht ansehen müssen, die Reichen ihr überschwengliches, verschwenderisches Leben ohne "Neider" aus dem einfachen Volk ausleben können und bringt den Städten viel Geld in die Staatskassen.

  • D
    Dhimitry

    @ Block74

     

    Nach dieser Logik wäre es klug, die Neubaugebiete an den Stadtrand zu bauen. Dann werden Marzahn und Hellersdorf aufgewertet und Mitte wird entlastet.

     

    Auf die Frage, wie mit der wachsenden Stadtbevölkerung umgegangen werden soll, findet sich auf dem Blog (bei schneller Durchsicht) leider keine Antwort. Wo sollen all die Menschen wohnen, die in die Stadt ziehen, wenn es keinen Neubau gibt?

     

    Etagenbetten im Wohnprojekt? Hab ich keine Lust drauf!

  • B
    Block74

    Scheinbar hat es Berlin immer noch nicht begriffen: Mehr Neubau heißt Aufwertung der umliegenden Gebiete = Mietsteigerung = Gentrification. Wir brauchen keine Blockmonster, sondern Grünflächen in Berlin. Altbauviertel sollten Altbauviertel bleiben dürfen, ohne ständig saniert zu werden und ohne ständig Baulücken mit "schicken" Glas- und Betonklötzen zu schließen. Nur so können Mieten auf einem erträglichen Niveau bleiben. Neubau löst das Mietproblem nicht, es verschärft es. Sinnvoll wäre ein sofortiger Baustopp in der ganzen Stadt und Zuzug reglementieren (Genehmigung nur noch nach Zuteilung einer frei gewordenen Bestandswohnung)

     

    mehr infos: http://block74.traveplatz-berlin.de/

  • B
    balea

    Es gibt nicht das Recht in einem Stadtteil dauerhaft zu leben...

     

    Aber natürlich gibt es das Recht Mieter in jedem beliebigen Stadtteil zu entmieten und vertreiben, die Wohnungen in Eigentum zu wandeln und dieses dauerhaft rechtlich schützen zu lassen.