■ Fleischwolf: Teurer Chianti – keine Panik!
Der internationale Weinmarkt ist aus den Fugen geraten, die Preise haben fliegen gelernt. Auch in Italien ist die Zeit der Schnäppchen endgültig vorbei. Ein guter Chianti kostet heute im Weinladen – mindestens – 15 Mark. Bevor wir über die Produzenten schimpfen, die kräftig abkassieren, sollten wir nach den Ursachen dieser Preisexplosion forschen. Gut, da sind die Japaner, die im Piemont und in der Toskana ausschwärmen und alles kaufen, was gut und teuer ist. Da ist der Weinpapst Robert Parker, der in seinen Weinführern die italienischen Toperzeuger hochgeschrieben hat. Da ist aber auch eine fatale Folge von Jahrgängen, die entweder klein in der Menge oder in der Güte waren. Beides hat zu einer Verknappung der besseren Weine geführt.
Eine andere Ursache sind die Preissprünge, die generell bei Luxusgütern zu beobachten sind. Ob Trüffeln, Zigarren, Kaviar oder Chateau Pétrus: Es gibt immer mehr Menschen, die bereit sind, viel Geld für ein außergewöhnliches Produkt zu bezahlen. Auch in Rußland oder Polen ist es heute chic, zum Rinderfilet einen großen Franzosen oder Italiener zu ordern. Und wenn wir uns die völlig verrückte Entwicklung in Bordeaux mit Verteuerungen von 300 Prozent ansehen, dann sind die Italiener mit ihren Aufschlägen von 30 Prozent schon wieder moderat.
Was bleibt uns außer Heulen und Zähneklappern? Zunächst eine Menge spanischer oder südfranzösischer Weine, die noch immer zu erstaunlich günstigen Preisen zu kaufen sind. Mit ein bißchen Weinverstand und guter Beratung finden sich hier tolle Weine, die schmecken. Aber auch in Italien gibt es immer noch viel Wein fürs Geld. Denn die Tropfen sind nicht nur teurer, sondern unbestritten auch besser geworden. Ein guter Chianti hat heute oft das Format einer Riserva aus den achtziger Jahren. Und die hatte damals dasselbe Preisniveau wie heute die „einfachen“ Flaschen.
Kein Grund zur Panik also. Ein guter Chianti kann zwei Menschen noch immer für 20 Mark einen schönen Abend bereiten. Im Grunde also nach wie vor ein preiswertes Vergnügen. Und irgendwann werden sich – hoffentlich – auch die Preise wieder beruhigen. Werner Blanck
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen