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Fleischlos? — Ja bitte!

■ Eine Heidelberger Langzeitstudie bestätigt: VegetarierInnen leben länger

Wer auf den Konsum von Fleisch und Wurst verzichtet, wird davon nicht nur überdurchschnittlich gesund, sondern hat auch eine höhere Lebenserwartung — der Verzicht auf Fleisch schützt besonders vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Ursache für fünfzig Prozent aller Todesfälle.

Dies ist das Ergebnis einer Langzeitstudie, für die am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg knapp 2.000 VegetarierInnen elf Jahre lang beobachtet wurden. Das Heidelberger Ergebnis bestätigt die 1989 vom Bundesgesundheitsamt vorgelegte „Berliner Vegetarier-Studie“, deren Tendenz vor allem ein hartgesottenes Vorurteil widerlegte: daß der Verzicht auf Fleisch zu Mangelerscheinungen führe. Im Gegenteil zeigte die Berliner Studie, daß fleischlose Esser, verglichen mit den „Normalessern“, vor Gesundheit geradezu strotzen. Über ihre mittlere Lebenserwartung allerdings konnte nichts ausgesagt werden, da der Beobachtungszeitraum zu kurz war. Dies wurde jetzt durch ein Heidelberger Langzeitexperiment nachgeholt: In elf Jahren verstarben 235 der 1.904 TeilnehmerInnen — nur halb so viele, wie im statistischen Vergleich bei einer entsprechenden Gruppe von „Normalessern“ zu erwarten sind.

Die Todesrate durch Schlaganfälle und Herzinfarkt lag um 50 Prozent niedriger als im Mittel der Gesamtbevölkerung. Ebenso deutlich sank das Vorkommen bösartiger Tumore bei Männern; bei Frauen waren solche Krebserkrankungen um 25 Prozent reduziert. Insgesamt zeigten sich die VegetarierInnen auch gegen chronische Krankheiten wie Durchblutungsstörungen oder Hochdruck immun, sie tauchten bei ihnen deutlich seltener auf als bei „Normalessern“.

Nur etwa drei Prozent der Untersuchten ernährten sich wirklich rein pflanzlich, die Mehrheit (58 Prozent) hatte nur Fleisch, Wurst und Fisch, nicht aber andere Tierprodukte wie Eier oder Milch vom Speiseplan gestrichen, weitere 39 Prozent gestatteten sich sogar von diesem Prinzip gelegentliche Ausnahmen. Ideologischer Übereifer kann unterdessen auch hier schaden— bei strengen Vegetariern drohen Mangelerscheinungen, wenn statt Ausgewogenheit der Ernährung möglichst großer Verzicht angestrebt wird: Sie haben eine geringere Lebenserwartung als die gemäßigten Vegetarier. Die positiven Gesundheitserwartungen der „Pflanzenfresser“ sind allerdings nicht allein dem Verzicht auf Fleisch geschuldet — Vegetarier, so zeigt die Studie, leben auch ansonsten gesünder als der Durchschnitt, sie rauchen weniger, treiben mehr Sport und verfügen häufig über höhere Schulbildung und einen entsprechenden Beruf — statistisch betrachtet ebenfalls eine gute Aussicht auf ein längeres Leben.

Die fettarme und faserreiche Ernährung bekommt nicht nur dem Kreislauf und dem Cholesterinspiegel — auch innere Organe wie die Nieren funktionieren besser und reduzieren das Risiko, etwa an Gicht zu erkranken. Großer Fleischkonsum hingegen könne das Krebsrisiko steigern, weil dadurch die Ausschüttung von Gallensäure in den Darm verstärkt wird — bei Menschen, die viel Fett und Fleisch essen, werden mehr als doppelt so häufig wie bei anderen Tumore im Darm festgestellt. Die Ergebnisse der Studie faßt der Leiter der Epidemiologischen Abteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums, Jürgen Wahrendorf, so zusammen: „Man sollte den Fleischkonsum so weit wie möglich verringern.“ mbr

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