piwik no script img

Fischers Gesundheitspläne

Ministerin Andrea Fischer hat ihre Pläne für die „Gesundheitsreform 2000“ vorgestellt. Positivliste für Arzneimittel soll kommen, auch gegen Ärztewiderstand  ■ Von Annette Rogalla

Berlin (taz) – Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) hat ihre Vorstellungen dargelegt, wie das Gesundheitssystem reformiert werden kann. Heute und morgen werden die Gesundheitspolitiker der Regierungsfraktionen das Papier beraten.

Ziel der „Gesundheitsreform 2000“ sei es, die beiden Sektoren ambulante und stationäre Versorgung besser zu verzahnen. Auch das Prinzip „Rehabilitation vor Pflege“ soll „konsequent“ verwirklicht werden. Fischer will auch in Zukunft von einer globalen Ausgabenbegrenzung nicht abrücken – trotz des Widerstands vor allem der Ärzte.

Häufig taucht in dem 17seitigen Papier das Wort „konsequent“ auf. Die zahnmedizinische Versorgung etwa soll sich „konsequent an der Vermeidung von Zahnschäden orientieren“. Folgerichtig wäre, eine flächendeckende Kariesprophylaxe für alle Mitglieder der gesetzlichen Kassen einzurichten. Das läßt Andrea Fischer in ihrem Papier allerdings offen.

Wichtige Neuregelungen sind auch im Bereich der stationären Versorgung geplant. Demnächst sollen Krankenhäuser nicht mehr in der Obhut der Länder bleiben, sondern allein von den Kassen finanziert und geplant werden. Die gesetzlichen Kassen sollen die Möglichkeit erhalten, Verträge mit ambulanten Leistungserbringern und Krankenhäusern abzuschließen. Zudem sollen die Krankenhäuser in eingeschränktem Maße auch fachärztliche Dienste anbieten dürfen. Gruppen von niedergelassenen Ärzten sollen Patienten kurzfristig sowohl ambulant als auch stationär behandeln dürfen.

Die Hausärzte sollen einen besonderen Stellenwert in der Gesundheitsversorgung erhalten. Als „Lotse“ soll er die Patienten durch das Gesundheitssystem schleusen und als Kommunikator zwischen Fachärzten, Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen fungieren. Patienten, die sich verpflichten, vor dem Besuch eines Facharztes zuerst den Hausarzt zu konsultieren, sollen dafür belohnt werden. Den Kassen soll gestattet werden, Versicherten hierfür einen Bonus einzuräumen. Gegenwärtig liegen die Hausärzte mit ihren Honoraren am unteren Ende der Ärzteeinkommen. Dies will Fischer ändern.

Auch die Zuzahlungsregelungen bei Arznei- und Heilmitteln will die Gesundheitsministerin ändern. Die Zuzahlung für Versicherte soll sich nach medizinischen Kriterien – und nicht wie bisher nach Packungsgrößen – richten. Differenziert werden soll nach Schweregrad der zu behandelnden Krankheit.

Die Positivliste abrechnungsfähiger Arzneimittel wird kommen. In dieser Liste sollen alle Arzneimittel aufgelistet werden, die über die gesetzlichen Kassen abgerechnet werden können. Fischer hofft, dadurch die Kosten im Gesundheitsbereich erheblich senken zu können. Im Vergleich zu anderen Ländern liege Deutschland an der Spitze bei den Arzneimittelausgaben, so die Gesundheitsministerin. Unklar ist allerdings, ob die Koalition auch homöopathische und pflanzliche Heilmittel auflisten will. Auf eine solche gemischte Liste konnten sich in den vergangenen Wochen SPD und Grüne nicht einigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen