: Fischer kontert Töpfer-Weisung
Der hessische Umweltminister fordert in Sachen MOX-Produktion die Rücknahme der atomrechtlichen Weisung/ Gutachten im Auftrag des BBU: Wiederinbetriebnahme ist „rechtswidrig“ ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt
Bonn/Frankfurt/Main (taz) — Nach „sehr sorgfältiger Prüfung“ hat der hessische Umweltminister Joschka Fischer gestern in Bonn Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) aufgefordert, seine atomrechtliche Weisung vom 29. Januar zurückzunehmen. Töpfer hatte seinen hessischen Kontrahenten aufgefordert, die seit Sommer 1991 stillgelegte Mischoxyd (MOX)-Verarbeitung im Siemens-Brennelementewerk in Hanau „vorübergehend“ wieder zuzulassen. Mit dieser befristeten Wiederinbetriebnahme sollte das noch in den sogenannten Handschuhkästen lagernde Uran und Plutonium „abgearbeitet“ werden, denn die folienumhüllten Spaltstoffgebinde außerhalb des Plutoniumbunkers seien gleichfalls ein Gefahrenherd.
Joschka Fischer ist dagegen davon überzeugt, daß die notwendige Gefahrenabwehr in Hanau nicht dazu führen dürfe, daß neue Gefahren und Sicherheitsrisiken heraufbeschworen würden. Weil das „Abarbeiten“ der Uran- und Plutoniumbestände in den Siemens-Produktionsanlagen mehr als zehn Wochen dauern würde, hat sich Fischer — „in Abwägung aller möglichen Alternativen“ — dazu durchgerungen, die dort lagernden Spaltstoffe in das verbunkerte Spaltstofflager auf dem Siemens-Gelände verbringen zu lassen. Fischer: „Laut Aussage des TÜV Bayern liegt dazu ein erstes Gutachtenkonzept vor. Und die technischen Vorrichtungen für die notwendige drucklose Lagerung des Plutoniumoxyds sind weitgehend einsatzbereit.“
Fischer warf Töpfer vor, diese drucklose Lagerung des Materials im Bunker vor seiner Weisung auf Wiederinbetriebnahme noch nicht einmal geprüft zu haben. Das sei ein „schwerer Abwägungsfehler“ — „und die vom Bundesumweltminister geforderte Wiederaufnahme des Betriebs wird damit rechtswidrig“. Und weil er einen eigenen Ausweg aus der Misere gefunden habe, sei die atomrechtliche Weisung der Bundesregierung sowieso gegenstandslos geworden. Ohnehin würde das „Abarbeiten“ der Plutonium- und Uranbestände ein Änderungsgenehmigungsverfahren nach dem Atomgesetz notwendig machen. Fischer: „Das Fehlen einer Ursprungsgenehmigung für die Gesamtanlage führt jedoch zu der Feststellung, daß eine nicht bestehende Genehmigung auch nicht geändert werden kann.“
Der Hanauer Rechtsanwalt Matthias Seipel hat für die Klägerin gegen die Siemens-Brennelementefabrik (Ex-Alkem), Clara Diez, ein Gutachten angefertigt, das dem hessischen Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wurde. Darin wird Bundesumweltminister Klaus Töpfer ausdrücklich davor gewarnt, auf der Wiederinbetriebnahme der MOX- Fertigung in Hanau zu bestehen. Aufgrund festgestellter diverser Sicherheitsmängel und der fehlenden atomrechtlichen Genehmigungen drohte Seipel bei Wiederaufnahme des Betriebes mit einer Klage nach §327 Strafgesetzbuch — Verdacht auf Betrieb einer nicht genehmigten Atomanlage. Seipel und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) wiesen auf einer Pressekonferenz in Hanau auch darauf hin, daß Töpfer — über Joschka Fischer — keinen Beamten zwingen könne, einen Verwaltungsakt anzuordnen oder diesen zu vertreten, der rechtlich zweifelhaft oder illegal sei. In früheren Zeiten, so Seipel, habe das Beamte des hessischen Umweltministeriums auf die Anklagebank gebracht.
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