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Firmenansiedlung in BrandenburgLinke-Minister wirbt um Waffenfirma

Die Linke fordert konsequenten Pazifismus. Doch in Brandenburg unterstützte ausgerechnet ein linker Minister die Ansiedlung einer Waffenfirma. Das gibt Ärger.

Die Technik kommt neuerdings aus Brandenburg: Kampfhubschrauber „Tiger“ Bild: ap

POTSDAM dpa | Die Ansiedlung einer Waffenfirma sorgt in der Hauptstadtregion für politischen Streit. Ein führender Vertreter der Linkspartei, Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, setzte sich für den Umzug der AC&S GmbH vom Bodensee ins Luftfahrtzentrum Wildau bei Berlin ein.

Er geriet nun in die Kritik – zumal die Linke im Bundestag für ein Verbot von Rüstungsexporten eintritt. Zu den aktuellen Projekten des Unternehmens gehört der Kampfhubschrauber „Tiger“, der Militärtransporter A400M sowie „Eurofighter Waffensysteme“. Teile der Opposition und Friedensaktivisten äußerten sich am Dienstag empört.

Die rot-rote Landesregierung unterstützte die Ansiedlung „durch Bereitstellung der Räumlichkeiten am Standort in Wildau“. Das geht aus einer Antwort von Christoffers auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Landtagsfraktion hervor. Fördermittel des Landes wurden danach nicht gezahlt. Auch habe die Firma AC&S angegeben, Betankungssysteme für die zivile Luftfahrt zu entwickeln, erklärte der Minister.

Bei der Ankündigung des Firmenumzugs im September hatte Christoffers von einem „guten Tag für die deutsche Hauptstadtregion“ gesprochen. Damit zeige sich die hohe Attraktivität von Brandenburg und Berlin für Investoren insbesondere aus der Luftfahrttechnik.

„Die Liste der technologischen Projekte dieses Unternehmens liest sich wie das Who is Who der deutschen Rüstungsexportmeister“, rügten dagegen die Grünen. Am bisherigen Standort von AC&S in Langenargen am Bodensee hatte es starke Bürgerproteste gegen das militärische Engagement des Unternehmens gegeben.

Mehr zivile Projekte geplant

Seit dem 1. Dezember befindet sich die Zentrale nun in Wildau bei Berlin, wie Geschäftsführer Dirk Tapella sagte. Die Kritik könne er nicht nachvollziehen – das Unternehmen engagiere sich nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Bereich. Zudem habe man die Firma „neu fokussiert“, ergänzte Tapella. Der Zivilanteil werde künftig deutlich erhöht.

In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik setzt sich die Linke normalerweise vehement für Abrüstung ein und ist auch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr. „Afghanistan: Die Tiger müssen umkehren“, forderte vergangene Woche der verteidigungspolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion, Paul Schäfer. Die Bundeswehr hatte mehrere der Kampfhubschrauber nach Afghanistan verlegt, um die Truppe bei ihrem Einsatz zu unterstützen.

Berliner Friedensaktivisten warfen dem Unternehmen AC&S „tödliche Machenschaften“ vor. „Im Licht der deutschen Vergangenheit ist es mehr als sonderbar, dass im Jahr 2012 Ingenieure an ihren Schreibtischen wieder so exzessiv versuchen, Waffensysteme noch tödlicher zu machen“, erklärte das „Zentrum für Politische Schönheit“ und kündigte Protestaktionen an. Die Hauptstadt-Aktivisten legten sich in diesem Jahr bereits mit dem Waffenhersteller Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) an, um den Export von deutschen Kampfpanzern nach Saudi-Arabien zu stoppen.

Das Brandenburger Wirtschaftsministerium und der Landesverband der Linkspartei wollten sich zu der Kritik zunächst nicht äußern. Es ist nicht das erste Mal, dass die rot-rote Landesregierung wegen ihrer Nähe zu bestimmten Akteuren der Luftfahrtindustrie in der Kritik steht. So wird etwa die Internationale Luftfahrtausstellung (ILA) mit Landesmitteln unterstützt. Gegner lehnen die ILA als militaristische „Waffenschau“ ab.

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13 Kommentare

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  • BG
    Bodo Goldmann

    Es ist natürlich einfach, in diesem Fall die Linke in die Pfanne zu hauen.

    Selbstverständlich ist die Linke nicht permanent perfekt, und selbstverständlich kann es auch zu Widersprüchen in der linken Politik kommen, wenn ein linker Landespolitiker für die Wirtschaftpolitik Verantwortung hat.

    Denn ein Landespolitiker muss sich für sein Bundesland einsetzen, und zwar in diesem Fall im Rahmen eines Koalitionsvertrages.

    Was erwarten denn wohl die Menschen in Brandenburg in diesem Fall? Hat sie schon mal jemand gefragt?

    ES ist schon eine Gratwanderung. Ein linker Wirtschaftsminister müsste bei jedem Betrieb, der sich im Land ansiedeln will, die Produktionspalette überprüfen. Und dann entscheiden, ob die Ansiedelung eines Unternehmens untertsützt wird oder nicht.

    Bei der Wirtschaftsförderung gilt aber gleiches Recht für alle, oder?

    Wie viele Betriebe der Massentierhaltung und der mit Rüstungsbeteiligung haben bisher Förderungen von rot-gruenen Landesregierungen bekommen?

    Hat da mal ein Hahn nach gekräht?

    Die Linke ist jedenfalls immer noch mit Abstand am glaubwürdigsten, wenn um die Ablehnung von Auslandseinsätzen des deutschen Militärs und von Rüstungsexporten geht.

    Das viele in anderen pseudolinken Parteien diese Glaubwürdigkeit nicht passt und sie nur darauf warten, der Linken eins überzubügeln, ist auch klar.

  • WM
    Wolfgang Menzel

    Die Beschlüsse der Bundestagsfraktion finden meine

    Unterstützung. Waffen kosten das Leben vieler unschuldiger Menschen.

    Die Beschlüsse einer Strömung sehen dagegen anders aus. Dazu eine Empfelung,der Seeheimer-Kreis braucht

    noch Mitglieder. Diese Verlogenheiten dürfen nicht weiter hingenommen werden.

  • M
    Marco

    Erst kommt das Fressen, dann die Moral!

  • K
    Karin

    @ von Günther Wassenaar:

    "Hier steht eindeutig die Frage: "Bin ich für friedliche Lösungen in der Welt – oder befürworte ich die Führung von Aggressions-Kriegen?"

     

    Wer hat im Bundestag FÜR die Auslands-Kampfeinsätze der Bundeswehr in Serbien, Kosovo, Afghanistan, in der Türkei und weiteren Ländern gestimmt?!

    Es waren doch GRÜNE und SPD gemeinsam mit CDU/CSU und FDP.

    Und wer stimmt als einzige seit Jahren GEGEN die Auslandseinsätze der Bundeswehr?

    Die Fraktion der Partei DIE LINKE!

     

    Mir ist auch kein einziger Fall bekannt, wo sich GRÜNEN-Landtagsabgeordnete gegen das Vorhandensein und die Neuansiedlung von Rüstungskonzernen in ihrem Bundesland im Landtag ausgesprochen haben!

  • MA
    Manfred aus Nürnberg

    Zitat aus obigem Komentar:"Denkt doch mal über die Betriebskampftruppen und die NVA im preussischen Stechschritt nach......"ZITAT Ende

     

    Erst mal war das kein Stechschritt, sondern normaler exerzier- oder ParadeSchritt

    Und wenn schon Militär (NVA und Bundeswehr) dann schon zackig und militärisch. Und so ging es in der NVA zu. Wenn ich das öffentliche Auftreten der Bundeswehr sehe, werd' ich immer müde!! (Z.B. Großer Zapfenstreich für BPräsi.)

    Ich kann nicht verstehen, wieso DIE LINKE nach 23 Jahren immer noch mit der vergangenen DDR identifiziert wird!! Die haben sich schon längst davon losgesagt!!

    Auch ich bin gg. Waffenexporte und kann es nicht verstehen, daß die Menschheit auch in Deutschland nicht schlauer wird!!

  • Z
    Zyniker

    Denkt doch mal über die Betriebskampftruppen und die NVA im preussischen Stechschritt nach.Selbst die Uniformen und Rangabzeichen unterschieden sich nicht wesentlich von denen der Reichswehr und Wehrmacht.

     

    Linke waren noch nie Pazifisten und Gewalt wurde immer als legitimes Mittel zur Durchsetzung der eigen interessen angesehen.

  • GW
    Günther Wassenaar

    Werte Leser und Diskutanten,

    bei ähnlichen Entscheidungen, die von der Partei, Die Linke getroffen wurden und bei denen Mitglieder dieser Partei teilweise diese sogar toleriert haben und betont haben, " … es geht um Arbeitsplätze, … oder es geht um Stabilität der Wirtschaft, …. " habe ich die Frage gestellt, ob dann auch die Produktion von Cyklon B ein Wirtschaftsfaktor gewesen ist. Jeder, der die Produktion und Fertigung von Waffen, von Kriegsgeräten und Mordwerkzeugen unterstützt, muß sich die Frage gefallen lassen, ab wann er denn diese "angebliche Verantwortung" für Arbeitsplätze nicht mehr hat, ab welchem Tatbestand er diese Produktion als Verbrechen ansieht. Selbst die KZ der Nazis waren wirtschaftlich, wurden doch dort sogar die Haare und die Zähne noch verwertet.

    Mir ist schon klar, dass diese Fragen so brutal gestellt, Entrüstung hervorrufen, Entrüstung vor allem bei denen die sich dieser Zusammenhänge bisher nicht so bewußt geworden sind, oder die diese Zusammenhänge so nicht sehen wollten und verdrängten.

    Hier steht eindeutig die Frage: "Bin ich für friedliche Lösungen in der Welt – oder befürworte ich die Führung von Aggressions-Kriegen?" Tankflugzeuge z.B. sind für Verteidigungspolitik vollkommen unbrauchbar. Wer sein Land verteidigen will, braucht keine Flugzeuge an jedem Punkt der Erde. Das sind diejenigen die die Welt erobern wollen.

    Zusätzlich sollte man sich die Frage stellen, dass diejenigen die Waffen produzieren an Kriegen interessiert sind, da nur in einer permanent von Kriegen überzogenen Welt der Absatz geregelt ist und die Gewinne sprudeln. Dass diejenigen die Waffen produzieren eventuell auch nicht davor zurückschrecken, sollten friedlichere Zeiten anbrechen, neue Krisenherde zu erzeugen, damit der Absatz wieder gesichert ist.

    Günther Wassenaar

  • RT
    Rainer Thiel

    Mit der Floskel "Es bringt doch Arbeitsplätze" wird von den Regierenden alles Verwerfliche befördert. Besser wäre es, die Regierenden würden sich einsetzen für allgemeine Arbeitszeitverkürzung mit Personal- und Entgeltausgleich sowie im Verbund mit Mindestlohn. Dann brauchte niemand um den Arbeitsplatz zu bangen, und alle könnten bezahlte Arbeit haben. Kürzlich habe ich in Finsterwalde einen Vortrag gehalten "Wie lange noch die Angst um Arbeitsplätze? Wir wollen frei von Angst sein". Auch frei von Rüstungsindustrie. Doch das wird von Herrn Christoffers konterkariert. Schlimmer noch: Statt Brandenburg zu einem rundum friedensfreundlichen und ökologisch geprägten Land zu entwickeln, das anderen Ländern Vorbild ist, wird anderen Ländern vorgemacht: Auch wir befördern ja die Rüstungsindustrie, ihr könnt es uns ja gleich tun.

     

    Rainer Thiel

  • A
    Arne

    Der Artikel ist mir zu dürftig, um über die Sache urteilen zu können. Ich hoffe, morgen in der Printausgabe mehr Infos zu finden. Sonst muss ich das ND kaufen.

    Mir fehlen folgende Infos:

    Was sagen die Bewohner von Wildau und ihrer Nachbargemeinden dazu?

    Was soll jetzt dort genau produziert werden? Militärische oder zivile Sachen?

    Welche Einflußmöglichkeiten hätte das Land (oder noch besser die o.g. Bewohner), wenn AC & S dort Waffen für den Export oder Auslandseinsätze produzieren würde?

     

    Ich schätze mal, gerade die Eindlußnahme sähe dann nicht besonders gut aus. Insofern zeigt das alles, dass die Programmatik der Linken, die auf einen nationalen Bundesstaat, der zentral gesteuert ist, einfach nichts taugt. Ein Grund, warum die aus immer mehr Landtagen fliegen, weil sie für eine Landespolitik einfach keine brauchbaren Vorstellungen haben.

     

    @Vic:

    Du bist nicht alleine, ich muss sogar schon im Januar in Niedersachsen wählen und kann mich angesichts des schäbigen Verhaltens der dortigen Linken gegenüber der Abgeordneten Wegner auch noch immer nicht dazu aufraffen, die diesmal zu wählen.

  • AJ
    Andreas J

    an FaktenStattFiktion,

     

    Bullshit! Fahr einmal in ein Kriesengebiet und du wirst deine Meinung schnell ändern. Einfussnahme durch Waffenverkauf, träum weiter. Der Kunde ist König. Geschissen auf die paar Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie. "Qualität Made in Germany": ich muß kozten!

  • J
    JoHnny

    18/12/2012

     

    werte/r namenlose autor/in,

     

    die sogenannte linke hat auch nie

    mauerprobleme gehabt...

     

    mfg

  • V
    vic

    Wenn das so ist, bleibe ich am Wahltag zu Hause; dafür braucht die Linke niemand.

  • F
    FaktenStattFiktion

    Es geht dem Landesminister nicht um Ideologie, sondern um Arbeitsplätze. Das ist weder verwerflich, noch verwunderlich.

     

    Jedem Mitglied der Linkspartei und den Grünen ist ohnehin klar, dass ein Verzicht auf Qualität Made in Germany nur die Kassen in Russland, den Staaten, Frankreich, UK oder in Südafrika klingeln lässt.

     

    Der Verzicht auf Waffenproduktion und Waffenexporte ist nicht mehr, als die Verlagerung von Arbeitsplätzen und jede Chance der Einflußnahme. Der Tiger benötigt Ersatzteile - und schafft damit eine Option der Einflußnahme auch nach dem Verkauf.