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Finnischer Außenminister in BerlinDer oberste Rechtspopulist

Timo Soini, Chef der „Wahren Finnen“, ist international isoliert. Das macht seinen Job als Außenminister nicht gerade einfach.

Das ist mein freundliches Gesicht. Foto: reuters

Wäre Timo Soini Finanzminister geworden, könnte er bei seinem heutigen ersten Besuch in Berlin mit Wolfgang Schäuble einen „Gesinnungsgenossen“ treffen. Was das Thema Griechenland angeht, da hält er einen Grexit für die „sauberste Lösung“. Doch als Vorsitzender der zweitstärksten Partei in Finnland genoss er das Privilegium, sich ein Ministeramt selbst aussuchen zu können: Der „Wahre Finne“ wählte den Außenamtsposten.

Die Verlockung, als internationaler Repräsentant seines Landes auftreten zu dürfen, war für den 53-Jährigen wohl zu groß. Selbst wenn Finnlands oberster Rechtspopulist, der seine Diplomarbeit über skandinavischen Populismus verfasst hatte, sich nun damit abfinden muss, im Ausland manchmal mit der Beißzange angefasst zu werden.

Seinen Antrittsbesuch in Schweden ließ Amtskollegin Margot Wallström so abweisend ausfallen, dass das die Grenzen diplomatischer Unhöflichkeit streifte. Er genieße international einen guten Ruf, behauptete Soini trotzig. Diese Einschätzung dürfte er exklusiv haben.

Das rhetorisch begabte und charismatische Aushängeschild seiner Partei, verheiratet mit der Ärztin Tiina, mit der er zwei erwachsene Kinder hat, stuft sich selbst als „wertkonservativ“ ein. Doch rassistische Ausfälle führender Parteimitglieder versalzen ihm regelmäßig die Biedermannsuppe. Und ist man seit 18 Jahren Boss einer Partei, ohne nach rechtsaußen eine Grenze zu ziehen, dann macht man sich auch persönlich angreifbar.

Das Flüchtlingsthema hat Soini, der auch Vizeregierungschef ist, kalt erwischt. Er hatte versprochen, die Einwanderung zu begrenzen, doch statt der „üblichen“ 3.000 werden in diesem Jahr wohl 30.000 Flüchtlinge nach Finnland kommen. Als Opposition wären die „Wahren Finnen“ wohl im Aufwind. Als Regierungspartei aber haben sie laut Umfragen mehr als ein Drittel ihrer Wähler verloren. Teile der Parteibasis fordern, die Koalition zu verlassen. Doch denen erteilt Soini eine Absage: Hat man etwas angefangen, wird es durchgezogen. So wie mit dem Millwall FC. Seit seiner Jugend ist Soini Fan der Londoner Elf. Treu trägt er den blau-weißen Vereinsschal, auch wenn Millwall längst drittklassig ist.

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