Finanzsenator stellt Planung vor: Nussbaum flickt am Haushalt
Der Finanzsenator will ab 2012 die Ausgaben einfrieren, um auf die Schuldenbremse zu treten. Grüne kritisieren, Rot-Rot drücke um sofortige Kürzungen.
Nichts Genaues weiß man nicht, aber immerhin der Rahmen ist jetzt klar: Mit Einsparungen von jährlich mehreren hundert Millionen Euro soll das Land Berlin in den nächsten Jahren seinen Haushalt ordnen. Das sieht die mittelfristige Finanzplanung vor, die Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) am Dienstag im Senat durchsetzte. 2012 soll Berlin demnach 450 Millionen weniger ausgeben als bisher geplant. 2013 sollen es sogar 600 Millionen sein. Nußbaum nannte allerdings keine konkreten Projekte, wo gekürzt werden soll.
Hintergrund des Sparkurses ist die Schieflage des Haushalts. Berlin gibt derzeit jährlich rund 22 Milliarden Euro aus, hat aber nur Einnahmen von wenig mehr als 19 Milliarden. Die Lücke schließen Kredite, wodurch die Schulden des Landes auf inzwischen 63 Milliarden Euro gestiegen sind. Die auf Bundesebene 2009 beschlossene und seither im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verbietet es ab 2020 den Ländern, auf diese Weise ihre Haushalte auszugleichen.
Nußbaum will nicht etwa aus den laufenden Ausgaben drei Milliarden rausschneiden. Sein Weg sieht vor, die bislang jährlich steigenden Ausgaben auf dem jetzigen Stand einzufrieren, bis die Einnahmen genau auf diesen Stand gewachsen sind. Eben das soll 2020 passieren, wenn die Schuldenbremse wirksam wird.
Dass die Vorstellungen des Finanzsenators einstimmig und offenbar unverändert durch den Senat gingen, war nicht unbedingt zu erwarten. Denn während Nußbaum die Schuldenbremse als "eines der innovativsten Instrumente der Finanzpolitik" feiert, hat nicht nur die Linkspartei sie abgelehnt. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte sie bei der Entscheidung 2009 als kontraproduktiv kritisiert.
Am meisten hat Nußbaum bei den geplanten Ausgaben für Bauvorhaben und in den Senatsverwaltungen gestrichen: zusammen 150 Millionen Euro weniger im Jahr 2012, 250 Millionen weniger 2013. Fragen nach möglichen Streichprojekten wie der ICC-Sanierung wies er zurück: So konkret zu werden, sei nicht Sache der mittelfristigen Finanzplanung, sondern des detallierteren Haushalts für 2012. Der aber entsteht erst ab nächstem Frühjahr.
Auf den laufenden Doppelhaushalt für dieses Jahr und 2011 hat Nußbaums Kurs keine Auswirkungen. Hier setzt die Kritik der Grünen an, die im Grundsatz ebenfalls Kürzungen von 600 Millionen bis 2014 für erforderlich halten. "2011 darf kein verlorenes Jahr für die Haushaltssanierung werden", sagt Finanzexperte Jochen Esser.
Er fordert, mit einem sogenannten Nachtragshaushalt nachzubessern und die Ausgaben schon 2011 um 150 Millionen zu senken. Das hat für Esser auch damit zu tun, dass der jetzige Senat nach der Abgeordnetenhauswahl in zwölf Monaten laut Umfragen nicht mehr regieren wird. "Es kann nicht sein, dass Rot-Rot die Ausgabensenkungen komplett dem neuen Senat vor die Füße kippt", kritisiert Esser.
Die Forderung nach einem Nachtragshaushalt erhebt auch die FDP-Fraktion. Weil der Finanzsenator keine konkreten Sparvorschläge nennen wollte, hält Fraktionschef Christoph Meyer am FDP-Mantra fest, Nußbaum sei ein bloßer Ankündigungssenator. Die CDU-Fraktion zeigt sich skeptisch, ob die Einnahmen tatsächlich in der von Nußbaums Verwaltung berechneten Weise steigen werden.
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