: Finanzminister Waigel schon vor Ostern pleite
■ Dem Bundesfinanzminister fehlen 15 bis 20 Milliarden Mark: Schon nach den Landtagswahlen am 24. März will Waigel angeblich eine Haushaltssperre verhängen
Berlin (taz) – Theo Waigels Finanzlöcher weiten sich zu Kratern aus. Nach Aussagen von Bonner Finanzexperten fehlen im laufenden Haushalt mindestens 15 bis 20 Milliarden Mark für Investitionen. Sie rechnen ebenso wie verschiedene OppositionspolitikerInnen damit, daß der Finanzminister eine Haushaltssperre nach den Landtagswahlen am 24. März verhängen wird. Das wäre die erste Ausgabensperre innerhalb des ersten Quartals seit Bestehen der Bundesrepublik.
Bestätigt hat dies gestern Finanzstaatssekretär Hansgeorg Hauser (CSU). „Man muß sich Gedanken darüber machen, wie man die Haushaltslöcher, die durch die schlechtere Konjunktur entstehen, in den Griff bekommen kann“, sagte er. Im Bonner Finanzministerium hielt man sich gestern weiter zurück. Es sei „noch keine Entscheidung gefallen“, sagte ein Sprecher.
Die Steuereintreiber rechnen dort weiter mit den im Jahreswirtschaftsbericht prognostizierten 1,5 Prozent Wachstum für 1996. Mit dieser Rechnung würden in diesem Jahr lediglich 6 Milliarden Mark weniger Steuern in die Kassen fließen. Die kann der Haushalt zur Not verkraften.
Alles Makulatur, sagt Ingrid Matthäus-Maier, finanzpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Sie glaubt ebenso wie ihr Kollege Peter Struck, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD- Fraktion, daß „30 Milliarden Mark fehlen“. Gestützt wird diese Einschätzung durch neue Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und dem eher konservativen Ifo- Institut in München. Laut beiden Instituten wächst die Wirtschaft nicht mal um ein Prozent.
Hinter vorgehaltener Hand soll selbst die Bonner Regierung schon von Nullwachstum gesprochen haben. Mit dem von einigen CDU- Politikern als „Minuswachstum“ bezeichneten Niedergang der Wirtschaft, entgehen dem Finanzministerium allein 15 Milliarden Mark. Hinzu kommen die dadurch ebenfalls ansteigenden Arbeitslosenzahlen. Die Bundesanstalt für Arbeit benötigt für sie mindestens 7 Milliarden Mark mehr in diesem Jahr. Das Finanzministerium hat lediglich 4,3 Milliarden Mark für sie im Haushaltstopf.
„Die Beschönigung muß ein Ende haben“, sagte gestern Matthäus-Maier zur taz. Ihre Fraktion will am Mittwoch eine aktuelle Stunde im Bundestag beantragen. Dann müsse Waigel endlich „Kassensturz machen“. Der finanzpolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Oswald Metzger, glaubt, daß es noch eine „Blut- Schweiß-und-Tränen-Stimmung“ über den Haushalt geben wird. Ulrike Fokken
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