Finanzmarktkrise verschont Deutschland: 1,8 Prozent Wachstum erwartet
Das Frühjahrsgutachten prognostiziert Wachstum. Der deutsche Verbraucher wird zwar nicht mehr verdienen, soll aber den globalen Rückgang auffangen.
Die Finanzmarktkrise wird zwar nicht spurlos an der deutschen Wirtschaft vorbeigehen, aber sie wird keine allzu tiefen Schrammen hinterlassen. Das ist die Botschaft der acht Wirtschaftsforschungsinstitute, die gestern ihre Frühjahrsgutachten für die Bundesregierung vorgestellt haben. Zwar stünden die USA am Rande einer Rezession, aber das robuste Wachstum in den Schwellenländern werde einen globalen Einbruch verhindern, hieß es. Für Deutschland prognostizieren die Ökonomen ein Wachstum um 1,8 Prozent im laufenden Jahr. Das ist zwar weniger als die 2,2 Prozent, die im letzten Herbstgutachten standen, liegt aber über den Prognosen von Regierung (1,7 Prozent) und Internationalem Währungsfonds (1,4 Prozent).
Naturgemäß sind die Wachstumsprognosen "mit erheblicher Unsicherheit belastet", wie die Autoren anmerken, vor allem in Anbetracht der Finanzmarktkrise. Sollten noch mehr Banken in die Krise hineinrutschen und sollte es in den USA zu einer ausgeprägten Rezession kommen, dann könnte auch die deutsche Wirtschaft stärker in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber es sei auch ein positiveres Szenario denkbar, denn schließlich habe sich "die wirtschaftliche Situation in Deutschland trotz aller Hiobsbotschaften bislang als recht stabil erwiesen". Beispielsweise seien die deutschen Banken, gerade auch die lokal verwurzelten Sparkassen und Genossenschaftsbanken, relativ wenig von der Finanzkrise betroffen.
Besonders erfreulich für die Regierung ist der prognostizierte weitere Rückgang der Arbeitslosigkeit. Obwohl sich der Trend abschwäche, könnte im Wahljahr 2009 die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 1992 wieder unter drei Millionen sinken. Dass mehr Menschen in Lohn und Brot stehen, ist die Voraussetzung für die recht optimistische Wachstumsprognose der Institute. Denn die zu erwartende Abschwächung der globalen Nachfrage soll insbesondere durch eine steigende Inlandsnachfrage ausgeglichen werden. In diesem Zusammenhang warnen Wirtschaftswissenschaftler aber vehement vor der Einführung eines Mindestlohns. Bei der von Gewerkschaften geforderten Untergrenze von 7,50 Euro pro Stunde stünden 1,1 Millionen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Der Leiter des am Gutachten beteiligten gewerkschaftsnahen Instituts IMK, Gustav Horn, bezeichnete diese Zahl allerdings als überzogen.
Schon lange hoffen Wirtschaftsforscher auf den heimischen Verbraucher - bislang allerdings ohne Erfolg. Kein Wunder: Die Institute gehen zwar von einer Erhöhung der Tariflöhne um 2,2 Prozent in diesem Jahr aus, erwarten zugleich aber eine Teuerung um 2,6 Prozent im Jahresschnitt. Unter dem Strich bleibt den Haushalten also weniger zum Konsumieren. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, äußerte sich schon vor ein paar Tagen skeptisch über eine Belebung der Nachfrage. Deutliche Zweifel hat auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Herbert Schui: "Sinkende Reallöhne und restriktive Finanzpolitik gefährden das Wachstum. Die Hoffnung auf eine deutliche Konsumbelebung ohne reale Lohnsteigerungen ist blauäugig."
Die hohe Inflationsrate birgt weitere Risiken für die Konjunktur: Die Europäische Zentralbank wird die Zinsen hoch halten. Dadurch bleiben Kredite teuer, Unternehmen investieren weniger. Zugleich wird die Geldanlage in Euro lukrativer. Gestern steuerte der Euro auf den Rekord von 1,60 US-Dollar zu. Der teure Euro macht wiederum den europäischen Exporteuren das Leben schwer. Und das wäre ein weiterer Nachteil für die deutsche Wirtschaft.
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