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FinanzkriseRegierung sagt Nein zu Eurobonds

Das Finanzministerium rechnet mit Mehrkosten von bis zu 25 Milliarden Euro nach zehn Jahren – wenn die Eurobonds eingeführt werden. Die Bundesregierung ist dagegen.

Wollen zum jetzigen Zeitpunkt keine Eurobonds: Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble. Bild: dapd

BERLIN dpa/taz | Die Bundesregierung bleibt bei ihrem Nein zu den umstrittenen Eurobonds, spricht sich aber für eine engere politische Union innerhalb der Eurozone aus. Damit verbunden seien die Aufgabe von nationalen Souveränitätsrechten und eine Änderung der europäischen Verträge, sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der Welt am Sonntag. Dass es noch nicht so weit sei, sei "einer der Gründe für das Misstrauen der Märkte".

Schäuble erklärte, ohne vergemeinschaftete Finanzpolitik könne es auch keine einheitlichen Zinsen - wie bei einer Umstellung auf Eurobonds - geben. Die unterschiedlichen Zinsen in den Mitgliedsländern seien Anreiz für stabiles Wirtschaften. Auch FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler nutzte das Wochenende für ein weiteres Nein zur europäischen Anleihe. "Ich schließe aus, dass es mit dieser Bundesregierung Eurobonds geben wird! Dafür steht die FDP", sagte Rösler der Bild am Sonntag. CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel wiederholte im ZDF: "Die Lösung der jetzigen Krise wird mit Eurobonds nicht möglich sein" - was in der fernen Zukunft komme, wisse sie nicht.

Die Einführung von Eurobonds würde bedeuten, dass nicht mehr einzelne Staaten Schuldtitel ausgeben, sondern die Eurozone als Ganzes. Dadurch würde die Zinslast für Griechenland oder Italien sinken, für Deutschland aber vermutlich steigen. Das Bundesfinanzministerium geht laut Spiegel von Mehrbelastungen durch höhere Zinskosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro im ersten Jahr und von 20 bis 25 Milliarden Euro nach zehn Jahren aus. Zum Vergleich: Im Bundeshaushalt 2011 sind rund 37 Milliarden Euro an Zinsaufwendungen vorgesehen.

Die Berechnungen der mutmaßlicher Eurobondkosten differieren allerdings stark. Vergangene Woche hatte etwa das Münchner ifo-Institut erklärt, die Eurobonds könnten im Bundeshaushalt mit bis zu 47 Milliarden Euro zu Buche schlagen - dies allerdings erst im Jahr 2037.

Merkel wird ihren Kurs in der Euro-Schuldenkrise am heutigen Montag bei der ersten Sitzung der CDU-Führungsgremien in Berlin erläutern. Um dem Unmut in der Unionsfraktion im Bundestag zu begegnen, will sie sich am Dienstagabend in einer Fraktionssondersitzung den Abgeordneten stellen. Die Zustimmung zur Reform des Eurorettungsschirms - der nächste Schritt in der Schuldenkrise - innerhalb der Koalition gilt derzeit als offen. So ließ sich etwa der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach am Wochenende im Focus mit den Worten zitieren: "Wenn sich an den jetzigen Plänen nichts Wesentliches ändert, kann ich nicht zustimmen."

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2 Kommentare

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  • N
    noevil

    Die Regierung sagt nein zur Finanztransaktionssteuer, sagt nein zu Eurobonds (ist ihr das Modell der blauen und roten Bonds überhaupt mal vorgestellt worden? Oder ist mir dessen Diskussion etwa entgangen?). Sie sagt nein zu allem, was nach einer Zügelung der wild gewordenen Kapitalmärkte aussieht (achja, das Kapital, das scheue Reh..). Sucht sie überhaupt nach Lösungen? Ich höre nichts, was nach einem richtungsweisenden Vorschlag aussieht. Die Bürger erwarten von ihrer Regierung, dass sie endlich entschlossen und kompetent handelt und nicht immer nur nach den zögerlichen EU- und Regierungs-Partnern schielt. Kann die EU immer nur im Gleichschritt marschieren und deshalb tolerieren, dass ihre Exportlokomotive dann, wenn es ihr opportun erscheint, ins Glied zurückfällt? Wie wäre es mit überzeugenden Vorschlägen, weniger Lobbyhören - mehr Überzeugungsarbeit?

     

    Kann einer der Gründe darin zu suchen sein, dass unsere Regierenden eventuell keine Fachleute auf den Gebieten sind, in denen sie anderen Vorschriften machen sollen - und keiner soll es merken? Liebe Leute - gerade daran merkt man es doch.

     

    Der fromme Gedanke, die Märkte sollten es regeln, wurde schon vor Jahren zu Grabe getragen und noch immer tragt Ihr dieses Mantra vor Euch her und glaubt blauäugig jeder Andeutung von deren gutem Willen.

     

    Seht Ihr den finanziellen und sozialen Scherbenhaufen nicht, den ihr damit anrichtet? Der Normalbürger ist fassungslos. Die wenigen Gewinner lachen sich ins Fäustchen - und Ihr schielt immer noch nach dem immer kleiner werdenden Häufchen Gewinner. Damit ist über kurz oder lang kein Blumentopf mehr zu gewinnen - ganz zu schweigen von Wahlen.

  • Y
    yberg

    niemand will uns was zur zinsentwicklung in der realwirtschaft sagen,sollten die eurobonds kommen.so kann man jetzt schon davon ausgehen,dass die zinsen steigen werden, weil banken,versicherungen,hedge fonds und sonstige investoren die zinsmindereinnahmen aus darlehen an die risikostaaten kompensieren werden.mit der europäischen solidargemeinschaft steigt auch das risiko der darlehensgeber und investoren der deutschen wirtschaft und damit erhöhem sich die kreditkosten.

    dies hat größere negative auswirkungen auf die binnenkonjunktur als jede indirekte subvention unserer exporte in die eu staaten,denn diese sollen ja mit eurobonds in die lage versetzt werden weiterhin mit

    billigen geld unsre waren kaufen können..dass jeder bürger diesen schwachsinn mitfinanziert bzw. durch geringeren lebenstandard,geringere alimentierung,noch weniger teilhabe am wohlstand mit trägt ist die folge.

    Oh herr wirf hirn vom himmel