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Finanzkrise in GriechenlandSparprogramm im "Kriegszustand"

Griechenland ist gelähmt: Ministerpräsident Giorgos Papandreou will der Finanzkrise mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen bekommen.

Gegen die Sparpläne: Wütende Rentner protestieren in Athen. Bild: ap

THESSALONIKI taz | Ganz Griechenland war gestern wie gelähmt. Parlamentarier, Sozialpartner, Bürger, sie alle warteten auf die Ankündigung des Sparpakets durch die Regierung. Auf die "Rettung vor dem Bankrott", wie es hieß. Alle paar Minuten gab es Live-Schaltungen zu den Fernsehreportern, die vor dem Parlament standen, wo das Kabinett tagte. Es beriet gestern fünf Stunden. Der Regierungssprecher Giorgos Petalotis präsentierte dann mit monotoner Stimme eine endlose Liste von Sparmaßnahmen. Steuererhöhungen - wie bei der Mehrwertsteuer auf 21 Prozent. Kürzungen - für Staatsbedienstete, Rentner und Studenten. Die schmerzhaften Einschnitte sollen 4,8 Milliarden Euro bringen. Die eine Hälfte durch Steuererhöhungen, die andere durch Kürzungen der Staatsausgaben.

"Die Kürzungen sind notwendig für das Überleben unseres Landes und unserer Wirtschaft - und für Griechenland, um dem Wirbelwind der Spekulanten zu entgehen", sagte Ministerpräsident Giorgos Papandreou am Mittwoch nach der Krisensitzung seines Kabinetts. Bei der Umsetzung erwarte er "europäische Solidarität". Schon am Dienstagabend sagte Papandreou, das Land befinde sich im "Kriegszustand" und kämpfe "um das nationale Überleben".

Im Bereich der Kürzungen ist am Schmerzhaftesten das Einfrieren aller Pensionszahlungen. Das betrifft auch Rentner, die nur 400 Euro vom Staat bekommen. Zudem werden die fixen Gehaltszuschläge wie Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld im öffentlichen Dienst um 30 Prozent gekürzt. Um 7 Prozent gekürzt werden auch die Gehaltszuschläge in staatlichen oder teilstaatlichen Betrieben und Organisationen. Das trifft die Beamten deshalb so hart, weil ein großer Teil ihrer Einkommen aus diesen Zuschlägen stammt. Die Mehrheit der Staatsbediensteten verliert durch die Sparmaßnahmen im Schnitt 7 Prozent des Einkommens.

Auf der Einnahmenseite entschied sich die Regierung für die Anhebung der Mehrwertsteuer. Der Grundsatz wird von 19 auf 21 Prozent erhöht, der vergünstigte Satz für Lebensmittel von 9 auf 10 Prozent angehoben. Zudem werden die Sondersteuern auf Benzin, Diesel, Alkohol und Tabak steigen. Die Steuervergünstigungen für den staatlichen Stromversorger DEI sollen gestrichen werden. Für die Kunden bedeutet das steigende Stromrechnungen. Verbraucherorganisationen haben schon vor Tagen vorgerechnet, dass die Steuererhöhungen die Familien mit 60 bis 100 Euro im Monat belasten werden. Hinzu kommen Erhöhungen des Steuersatzes für Luxusartikel wie Autos, die mehr als 35.000 Euro kosten, sowie Schmuck und Jachten. Bei den direkten Steuern wird der Höchstsatz von 40 auf 45 Prozent angehoben. Spitzenverdiener, die 2009 über 100.000 Euro verdienten, müssen eine Einmalzahlung in Höhe von einem Prozent bezahlen.

Mit diesen Maßnahmen sollen die Haushaltsziele für dieses Jahr erreicht werden, erklärte die Regierung. Das gestern beschlossene Gesetz namens "Schutz der nationalen Wirtschaft" wird heute im Eilverfahren im griechischen Parlament abgestimmt.

Die Beschlüsse erfolgen unter massivem Druck der EU, das Haushaltsdefizit von zuletzt 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr um mindestens vier Prozentpunkte zu senken. Nach der Ankündigung des Sparprogramms sagte Regierungssprecher Giorgos Petalotis: "Die kommenden Tage, Wochen und Monate werden sehr kritisch und sehr, sehr schwer sein."

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10 Kommentare

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  • A
    Asterias

    Ist das wirklich das Europa von dem wir alle geträumt haben?8 Jahre nach der Einführung des Euro gibt es nur Probleme.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Griechenland, die Geburtsstätte von Europa, vielleicht bringt es ja auch die Geschichte zu Ende. Der Kreis schließt sich.

  • U
    ulf

    kapitalismus ist die reinste unverschämtheit. das dürfen wir uns nicht bieten lassen.

  • KF
    Karl Fay

    Macht Gurkensalat aus dem Beamtenstaat. Wenn zwei Bürger für einen Beamten den Lohn zahlen müssen, da stimmt doch was nicht. Das alte Aegypten, das alte Rom, das alte und das neue Griechenland ist an den Beamten untergegangen. Wann ist es in Deutschland so weit - Der Beamtenstaat, ein Moloch der sich selber auffrisst.

  • F
    flan

    Eine clevere Gelegenheit Gemeineigentum zu privatisieren. Wieder gewinnen die Zocker. Es ist widerlich... und erschütternd wie wir uns das bieten lassen.

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Mich erinnert die Lage in Griechenland sehr an die vorrevolutionäre Entwicklung im Absolutismus in Frankreich der Jahres bis 1789: der Staat ist zahlungsunfähig und die Profiteure der bisherigen Finanzierungs- und Verschuldungs-Politik und des Steuersystems wollen sich nichts nehmen lassen.

     

    Die Parallelen der geschichtlichen Entwicklungen zwischen 1789 und 2010 fallen ist Auge, wenn man diese denn sucht. Vor allem die totale Zwickmühlenlage (= Sparprogramme kosten Wachstum kosten Steuereinnahmen usf.) und Finanzzusagen der EU führen zu Volksaufständen (= deutsche Finanzhilfen kosten Wählerstimmen für die B'Regierung) weisen auf eine revolutionäre, systemsprengende Exodusdramatik. Das Ancien Régime kann die Systemkrise nicht mehr beenden. Es muß über seinen Sanierungsversuch stürzen.

     

    Wenn jetzt noch die Erkenntnis über die nachfolgende, postrevolutionäre Ordnung der Gesellschaft und Wirtschaft hinzuträte, wäre der Sturz des Ancien-2%Wachstumszwang-Régimes, das eine fast-geheime, absolute Herrschaft errichtet hat, nur eine Sache von wenigen Wochen.

  • M
    Martin

    Politiker von Union und FDP schlagen bereits vor, Griechenland solle unbewohnte Inseln verkaufen. Das ist ein verheerendes Signal und schadet Deutschland immens. Ein direkter Angriff auf Griechenland. Man könnte denken, früher führte Deutschland Kriege, um Länder zu annektieren, heute reicht Geld. Aber der Vorschlag ist auch dumm, denn diese Inseln sind nicht umsonst unbewohnt, entweder weil sie völlig uninteressant sind oder sie stehen unter Naturschutz. Wozu also sollte jemand diese Inseln kaufen wollen? Anderes Tafelsilber wie z.B. Staatsfirmen müßten die Griechen verkaufen, das ist klar.

  • F
    Farbenseher

    Diese Zwangssparmaßnahmen werden Griechenland den Rest geben. Die armen Schweine lassen sich auf den selben Irrsinn ein, der in Deutschland schon seit Jahren tobt. Massenarbeitslosigkeit ahoi.

  • SW
    Stefan Wössner

    Ob er der Krise wohl gut bekommt?

    Oder ob er der Krise schlecht bekommt?

    Sagt man so???

    Zitat:

    "Griechenland ist gelähmt: Ministerpräsident Giorgos Papandreou will der Finanzkrise mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen bekommen."

    Diese Schlagzeile kann ja wohl der TAZ nicht gut bekommen!

    Gruß Stef

  • M
    manni

    Den Leuten einen Teil ihres verdienten Geldes wegnehmen, im Gegenzug werden Steuern drastisch erhöht.

     

    Die EU schafft Armut! Herzlichen Glückwunsch.

     

     

    shutdown europe