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Finanzierung des StudiumsProstitution als Nebenjob

Jeder dritte Studierende kann sich vorstellen, das Studium mit Prostitution zu finanzieren. So jedenfalls das überraschende Ergebnis einer Berliner Studie.

Ein möglicher Arbeitgeber für Studierende? Ein Bordell nahe Stuttgart. Bild: dpa

BERLIN taz/dapd | Klassischerweise verdingen sich StudentInnen als Fahrradkuriere, KellnerInnen, in der Nachhilfe oder auf Messen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wer aber nicht mit fünf, acht oder bestenfalls zehn Euro die Stunde nach Hause gehen will, muss nach exklusiveren, wenn nötig delikateren Verdienstmöglichkeiten Ausschau halten. Zumindest gedanklich zeigen sich die Berliner StudentInnen einer nebenberuflichen Veränderung aufgeschlossen: Jede und jeder Dritte kann sich laut einer Studie vorstellen, das Studium mit Prostitution oder verwandten Dienstleistungen zu finanzieren.

Das jedenfalls sind die Aussagen von 3.600 Befragten, die für die Erhebung "Nebenjob: Prostitution" ausgewertet wurden. Das doch etwas überraschende Ergebnis sät jedoch Zweifel daran, ob die Aussagen wirklich repräsentativ für die Studierenden sind. Die Studie wird am Mittwochabend in Berlin präsentiert.

Aus der Studie geht außerdem hervor, dass tatsächlich jedeR 27. StudentIn (3,7 Prozent) in Berlin im Rotlichtmilieu aktiv ist. Zu den anfallenden Tätigkeiten zählen demnach Strippen, Begleitservice sowie die "klassische Prostitution" in Bordellen und Clubs.

Geschlechtsspezifisch ist das studentische Anschaffen nicht zu kategorisieren, Frauen und Männer sind hier nach Angaben des verantwortlichen Studienkollegs zu Berlin gleichermaßen aktiv. 30 Prozent gaben an, verschuldet zu sein – insgesamt sind es nur 18 Prozent der StudentInnen. Mehr als die Hälfte der studentischen Sexarbeiter ist nach eigenen Angaben in einer festen Beziehung.

Das Studienkolleg hatte die Erhebung als europäische Vergleichsstudie angelegt und auch Studierende in Paris und Kiew befragt. Zwar war die grundsätzliche Bereitschaft zur Prostitution in Paris (29,2 Prozent) etwas und in Kiew (18,5 Prozent) deutlich geringer. Ein Urteil ist aus Mangel an validen Zahlen dennoch unzulässig: 3.200 der insgesamt 3.600 Studienteilnehmer studieren in Berlin.

Den Verdienst bezifferten die Befragten hier übrigens auf 50 Euro am Tag bis 5.000 Euro in der Woche. Ob bei letzterem Einkommen die Anwesenheitszeiten für einen erfolgreichen Bachelor noch zu schaffen sind, ist nicht überliefert.

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16 Kommentare

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  • K
    Kulli

    Ich hoffe nur das deren zukünftige Partner und Kinder nicht danach fragen werden, wie sie sich ihr geld verdient haben im Studium

  • M
    Mark

    Wie man reagieren würde, wenn man tatsächlich mal in große Not gerät, steht auf einem anderen Blatt. Aber dass ein Drittel der Studenten von sich selbst behaupten soll, sie können sich eine "Arbeit" in diesem Bereich vorstellen ist mMn realitätsfern. Die Studie kann man in die Tonne kloppen, tut mir leid.

  • CA
    Carmen Amicitiae

    Ich finde es erschreckend, wieviele Taz-Leser es erschreckend finden... Freiwillige, selbstbestimmte Prostitution ist völlig korrekt. Da entscheiden sich zwei erwachsene Menschen, miteinander Sex gegen Bezahlung zu haben. So what!? Das macht diese Menschen nicht zu Monstern oder schlechten Lehrern oder Wissenschaftlern im späteren Leben. Solche Argumente sind total irrational und erwachsen m.E. aus einem vorsinflutlichen Liebes- und Partnerschaftskonzept, in dem Sex nur gegen wahre Liebe getauscht werden darf und auch nur dann Spaß macht. Das ist Blödsinn!

     

    Wenn man sich aber fragt, welche Armutsverhältnisse wir unseren Studenten zumuten, dass sie über Prostitution nachdenken, dann sollte man sich auch fragen, welche Armutsverhältnisse - oder sagen wir mal Gesellschaftsverhältnisse - wir uns allen zumuten, dass wir darüber nachdenken, bzw. sogar dazu gezwungen sind, bezahlte Arbeit zu verrichten. Das betrifft ja nicht nur Studenten, dass sie einen Job brauchen, um ihr Überleben zu sichern. Wir leben in einer Gesellschaft, die das verlangt. Und wer nicht arbeitet, ist ein Sozialschmarotzer, Abschaum, der auch mal gerne mal als Kanal für unsere miese Laune herhalten darf, die wir alle haben, weil uns neben dem Geld-Verdienen kaum noch Zeit zum Leben bleibt.

     

    Aufgrund des Zwangs, Geld verdienen zu müssen, entscheiden die einen sich für einen Job im Call-Center, die nächsten werden Lehrerin, Bankkauffrau oder Architektin und andere entscheiden sich eben für die Sexarbeit. Sich für die Sexarbeit zu entscheiden, finde ich nicht traurig. Traurig ist, dass Studenten im Call-Center mit 5,80€ die Stunde abgespeist werden und für ihr Überleben so viel arbeiten müssen, dass sie kaum noch Zeit für's Studium haben. Da stehen Prostituierte weitaus besser da. Die kriegen einen ordentlichen Stundenlohn, haben freie Arbeitszeiten und müssen nur verhältnismäßig wenige Stunden in der Woche für ihren Broterwerb aufbringen, so dass sie sich den Rest der Zeit um ihr Studium oder sonstiges Leben kümmern können.

     

    Sexarbeit hat nicht per se etwas mit Gewalt, Krankheit, Abhängigkeit und Zwang zu tun, das ist totaler Blödsinn. Das einzige, was an Sexarbeit evtl. kaputt macht, ist, wenn man ihr nachgeht und das eigentlich ablehnt, das eigentlich eklig findet und es nur und allein wegen des Geldes macht. Dann macht aber auch jeder (!) andere Job kaputt. Jeder andere Job macht kaputt, wenn man das Gefühl hat, dass die eigene Arbeit nicht gewürdigt, dass man ausgebeutet wird. Infrage zu stellen ist also m.E. nicht die Prostitution, sondern der Zwang, dem wir alle unterliegen, Geld verdienen zu müssen und der Umstand, dass einige Jobs, einen in derart prekäre Arbeitsverhältnisse zwingen, dass man sich schon wie ein Sklave vorkommt.

     

    Wenn man sich freiwillig für die Sexarbeit entscheidet, dann ist das ein völlig akzeptabler Job, der sogar richtig Spaß machen kann. Es ist meiner Erfahrung nach einer der Jobs, in dem man (sofern freiwillig dabei) noch am allerwenigsten (!) ausgebeutet wird. Wenn es einem liegt, was spricht dagegen, Sex gegen Geld anzubieten. Hört doch mal bitte auf, alle so unglaublich verklemmt zu sein und euch von euren falschen Vorurteilen vernebeln zu lassen, sobald es um irgendwas geht, das mit Sex zu tun hat!

  • NH
    Nina Heinz

    Find ich ok, wenn Student oder Studentin eigenverantwortlich und ohne Zwangsabhaengigkeit handelt.

  • B
    Berliner

    Die Frage ist doch nicht, ob es "in Ordnung" ist, sich auf diese Weise Geld zu verdienen. Das muss Entscheidung des/der Einzelnen sein. Die Frage ist, welche Armutsverhältnisse wir unseren Studierenden zumuten, wenn bereits die Hälfte über Prostitution nachdenkt...

  • RM
    Regine Metes

    Spinnen wir den Gedanken "Ehemalige Prostituierte im Establishment weiter": so muß es einen doch erschrecken, daß vielleicht vor den Kindern eine ehemalige Prostituierte als Lehrerin auftritt, bzw. daß eine ehemalige Prostituierte Kanzlerin werden könnte, oder daß ein ehemaliger Prostituierter in die Forschung geht: das wird ja richtig apokalyptisch.

  • RM
    Regine Metes

    Was sagt uns das?

    Studenten und Studentinnen, denen man doch eigentlich etwas mehr an Profil zutrauen sollte, jedenfalls der Intelligenz nach, finanzieren allen Ernstes ihr Studium über Prostitution??

    Offensichtlich die beste Vorbereitung, um dann vielleicht in die Politik zu gehen, oder Lehrer zu werden. Auf die Weise geht unsere Gesellschaft ja nur noch den Bach runter.

    Ekel. Ekel. Ekel.

  • S
    Sara

    Finde ich absolut in Ordnung, die Prostitution ist ein Job wie jeder andere auch. Aber so ist halt das Spießbürgertum in Deutschland, am Besten alles verbieten...

  • H
    hansdietrich

    Wo war gleich der Unterschied zwischen Vergewaltigung und Sex gegen Geld? Angesichts solcher Lebenseinstellungen überkommt einen sogleich das Bedürfnis sich im entfernteren Osten zum Frauenbefreier ausbildenzulassen.

  • P
    Picasso

    Gibt es denn keine Grenzen mehr? Ist alles beliebig? Deutschland - ein Volk der Konsumenten? Wo ist die rote Linie? Quo vadis germania?

  • F
    Frank

    Einfach Danke sagen, wie immer.

    Hauptsache Arbeit; Auch die Bundeswehr bietet Arbeitsplätze, in diesen schwierigen Zeiten.

     

    Zumutbar ist alles. Solange die Opfer die von Politik und Wirtschaft herbeiregierte ökonomische Erpressbarkeit als Angebot zu dienen einleuchten lassen.

    Der Zwang sich zu verkaufen, wird als Angebot formuliert.

    "Such dir einen Arbeitsplatz".

    Hört sich ganz harmlos an ....

  • V
    Verwirrt

    bei 20.000 Euro Monatsgehalt stellt sich wohl auch die Frage, ob sich ein Bachelor überhaupt lohnt XD

  • F
    Franziska

    Ich bin dafür. So ein paar knackige Juristen in den Clubs, das ist doch wunderbar.

  • AB
    Anders Balari

    Na, das ist ja schon mal eine sehr gute Berufsvorbereitung. Denn das heutige Berufsleben ist der Prostitution vielfach ähnlicher als die meisten Menschen wahrhaben möchten oder wegen hinderlicher Konditionierungen überhaupt können.

  • J
    Johannes

    Die Politik ruiniert unser Land im Eiltempo, Schavan sollte nicht mal einen Kinderladen beaufsichtigen dürfen, geschweige denn das Ent-Bildungsressort innehaben.

     

    Merkel ist ja gerne gesehen auf dem Bilderbergertreffen "Bilderberg-Konferenz: Elite-Club trifft sich in St. Moritz" http://www.sonntagonline.ch/ressort/aktuell/1591/ , ist Schavan-sinn dort auch Gast oder bekommt sie ihre Verwaltungs-Anweisungen im Anschluss und wird programmiert?

  • F
    Fatzke

    Was bitte ist ein "Sexarbeiter". Himmel Arsch und Zwirn was sind das bitte für tolle "empirische" Erhebungen?

     

    Weiß vielleicht jemand wieviel prozent der Studierenden im Zirkus arbeiten?