Finale des Afrika-Cups: Kämpfen wie die Teufel
Am Sonntag treffen mit Ägypten und Kamerun zwei Außenseiter aufeinander. Ein 44-jähriger Torwart und viele Zweitligaspieler sind dabei.
Hier, im Gewirr zwischen Blechhütten, Marktständen und riesigen Abfallbergen, feiern sie das größte Fußballereignis des Kontinents wie zu allen Zeiten. Weit außerhalb des Zentrums, wo chinesische Baufirmen 2012 das riesige neue Stadion errichteten, ist nichts los. Der Weg ist zu weit, die Eintrittspreise sind zu hoch, es gibt keine Atmosphäre.
Möglicherweise ein Planungsfehler der Veranstalter, die jene Arena errichten ließen, als Gabun vor fünf Jahren den Afrika-Cup schon einmal in Zusammenarbeit mit Äquatorialguinea ausrichtete. Vielleicht ist ihnen ein leer bleibendes Stadion aber auch egal, weil das Geld auch beim Afrika-Cup mittlerweile mit den stetig wachsenden Millionenbeträgen für TV-Übertragung und Marketing gemacht wird.
Als Planungsfehler ließe sich auch die Paarung im Finale bezeichnen, denn sowohl Kamerun als auch Ägypten hatte vor dem Turnier wohl kaum jemand auf dem Favoritenzettel. Während die Ägypter nach dem Arabischem Frühling 2011 und anschließender Fußballkrise zuletzt drei Auflagen des Turniers verpassten und jetzt erstmals wieder dabei sind, bestreitet Kamerun den Cup mit einer Nachwuchsmannschaft.
„Wenn jemand vor dem Turnier prophezeit hätte, dass wir das Endspiel erreichen, hätte er wohl nur ein lautes Lachen der Experten geerntet“, sagt Kameruns Trainer Hugo Broos genüsslich. Der 64-Jährige, der das Amt in Kamerun 2015 von dem erfolglosen Deutschen Volker Finke übernommen hatte, musste notgedrungen eine Art B-Mannschaft nominieren, weil gleich acht prominente Europalegionäre für den Cup abgesagt hatten.
Unter ihnen Schalkes Torjäger Eric-Maxim Choupo-Moting und Liverpools Abwehr-Ass Joel Matip. Sie wollten ihre hohen Ziele mit dem Verein nicht gefährden – so hieß es offiziell. Der Boykott soll dann aber doch eher daran gelegen haben, dass in der Vergangenheit keine Prämien gezahlt wurden.
Zwei Elfmeter pariert
So lässt Broos ein Team mit jungen Leuten aus Europas zweitklassigen Ligen kicken, die den Favoriten beim Cup allerdings ein Schnippchen geschlagen haben. Zunächst schalteten sie Gastgeber Gabun aus, dann setzten sie sich im Viertelfinale gegen das mit Starspielern besetzte Senegal im Elfmeterschießen durch, ehe im Halbfinale Favorit Ghana mit 2:0 dran glauben musste. Torschütze zum 1:0 war Michael Ngadeu, der es einst beim deutschen Zweitligisten SV Sandhausen nicht in den Kader geschafft hatte und sein Geld heute in Tschechien verdient. „Die Stärke der Mannschaft speist sich aus ihrem Zusammenhalt. Die Jungs spielen absolut diszipliniert und kämpfen wie die Teufel“, erklärt Broos.
Bücher leihen und Shoppingmalls meiden: Viele Menschen bekommen nur eine winzige Rente. Kann man so in Würde altern? Könnten 900 Euro Mindestrente etwas daran ändern? Ab wann fühlt man sich arm? Eine Geschichte über Verzicht, in der taz.am wochenende vom 4./5. Februar 2017. Außerdem: In Nicaragua tut sich Unglaubliches. Ein Reisebericht. Und: Ein Gespräch mit der Friedensforscherin Heela Najibullah, Tochter des früheren Präsidenten Afghanistans. Das alles und noch viel mehr – am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.
Im Finale wartet Ägypten mit seinem 44 Jahre alten Torwart. Essam El-Hadary war schon 1998 dabei, als die „Pharaonen“ einen ihrer bisher sieben Titel gewannen. Er holte den Cup auch 2006, 2008 und 2010, ehe in Ägypten andere Dinge wichtiger wurden als Fußball. Mit einer völlig neuen Generation von Fußballern sind sie nun zurück. Und mit El-Hadary, der seine Heimat nur 2007/08 mal verließ, um ein Jahr für den FC Sion zu spielen. „Es ist verrückt, mein Mitspieler Ramadan Sobhi ist so alt wie meine Tochter“, wundert sich El-Hadary, der im Halbfinale gegen Burkina Faso zwei Elfmeter parierte und sein Team somit ins Endspiel hievte.
Während sich El-Hadary und seine jungen Kollegen über den Moment freuten, kamen weniger gute Meldungen aus der Heimat. In Kairo wurden am späten Mittwochabend im Stadtteil Zamalek rund 80 Anhänger des größten Klubs al-Ahly verhaftet. Sie wollten der 74 Todesopfer gedenken, die es im Februar 2012 bei einer Massenpanik im Stadion von Port Said gegeben hatte. Die Fangemeinschaft Ultras Ahlawy wurde im Mai 2015 vom ägyptischen Innenministerium zur terroristischen Vereinigung erklärt. Als die Fußballfans am Mittwoch verhaftet wurden, machte sich Essam El-Hadary in Libreville gerade daran, Elfmeter zu parieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!