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Filmstarts à la carteDas Fräulein von der Post

■ Der französische Regisseur Louis Malle befand einmal, dass Filmemacher, die anfangen, Filme über das Filmemachen zu machen, dringend eine Pause benötigten. Max Ophüls kann er damit jedoch eigentlich nicht gemeint haben: „Die verliebte Firma“, eine Tonfilmoperette über die Produktion einer ebensolchen, war der erste abendfüllende Spielfilm des Regisseurs aus Saarbrücken, der hier auf amüsante Weise die gerade gewonnenen Eindrücke von seinem Metier verarbeiten konnte. Drunter und drüber geht es also beim Film: Die Stars zicken herum und müssen ansonsten mitten im Schnee davon singen, dass die Nächte in Venedig so blau und so lau sind, und der Regisseur weiß so wenig wie jeder andere, was das Publikum eigentlich will (“Romantisch muss es sein, aber nicht zu teuer darf es sein“). Als die Hauptdarstellerin wutentbrannt abreist, wird „ein neues Gesicht entdeckt“, in das sich vom Assistenten bis zum Chef der Filmfirma alle verlieben: die hübsche blonde Grete von der Dorfpost, die sich später leider als völlig untalentiert herausstellt. Ein Star wird sie nur im Traum. Ophüls hat die Verwicklungen gag- und temporeich inszeniert, die Übergänge von Dialog zum Gesang sind intelligent und flüssig, und auch die später so berühmt gewordenen langen Kamerafahrten des Meisters lassen sich ansatzweise erkennen, wie etwa bei der Abreise der Crew aus Wiesendorf entlang des Bahnsteigs.

„Die verliebte Firma“ 9.11. im Arsenal

■ Im Nachhinein war Alfred Hitchcock die Verfilmung der Daphne-du-Maurier-Geschichte „Rebecca“ wohl ein wenig zu spannungslos, zu sehr „Women‘s Picture“, als dass sie dem „Master of Suspense“, zu dem er sich ja auch selbst gern stilisierte, noch hätte gefallen können. Dabei griff die Konstruktion seines ersten amerikanischen Films auf ein Thema zurück, das in vielen Hitchcock-Werken eine wesentliche Rolle spielt: Zwei Personen, die einander kaum kennen, werden ein Paar. In „Rebecca“ ist es eine von Joan Fontaine als schüchternes Mäuschen interpretierte Gesellschafterin, die die Bekanntschaft eines englischen Gutsbesitzers (Laurence Olivier) macht und sich unversehens als Herrin eines Schlosses wiederfindet. Dort steht sie allerdings in Konkurrenz zur nicht von ungefähr titelgebenden Rebecca, der verstorbenen, glamourösen ersten Frau ihres Mannes, die das Schloss wie zu ihren Lebzeiten beherrscht. Einmal lässt Hitchcock die Tote gleichsam auferstehen: Während die böse Haushälterin Mrs. Danvers schwärmerisch von den Toiletten-Ritualen Rebeccas erzählt, schwenkt die Kamera mit den Bewegungen des unsichtbaren Phantoms mit. Zweifellos gehört „Rebecca“ zu den atmosphärischsten Filmen Hitchcocks: Die bedrückenden Räume des Herrenhauses, in den den sich die junge Frau stets ganz klein vorkommt, tragen nicht unwesentlich zum Terror ihrer eigenen Imagination bei.

„Rebecca“ 15.11. im Filmmuseum Potsdam

■ Als einer der ersten offen faschistischen Filme nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde „Hitlerjunge Quex“ produziert. Geschickt verknüpft Regisseur Hans Steinhoff in der Geschichte vom Arbeiterjungen Heini Völker, der liebend gern zur HJ möchte, den Streit um die „richtige“ Ideologie mit einem Generationskonflikt und attraktiver Jugendrebellion: Als Heinis strenger Vater (Heinrich George), ein kommunistischer Proletarier, den Sohn beim Absingen der HJ-Hymne „Unsere Fahne flattert uns voran ...“ erwischt, nötigt er ihn mit Prügeln zum Intonieren der „Internationale“. Klar, dass der Junge da lieber die Gesellschaft der „anständigen“ Kameraden von der HJ vorzieht. Ausführlich porträtiert der Film die Jugendorganisationen von Kommunisten und Nazis - skrupellosen, moralisch verkommenen Gesellen auf der einen Seite werden auf der anderen Seite saubere, integre Pfadfindergestalten gegenüber gestellt. Nach 1945 wurde das perfide Propaganda-Werk aus nahe liegenden Gründen verboten; Regisseur Steinhoff, einer der größten Nationalsozialisten unter den Filmschaffenden, war in den letzten Kriegstagen ums Leben gekommen und konnte nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden.

„Hitlerjunge Quex“ 13.11. in der Urania

Lars Penning

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