: Filmriß bei der Zensur
■ Bei den eröffneten internationalen Filmfestspielen in Istanbul wurden zwei bekannte Filme verboten
Istanbul (taz) - „Zuerst haben wir Bücher verbrannt. Dann haben wir die Filme bekannter Regisseure verboten: Wir sind zum Gespött der ganzen Welt geworden.“ So titelte die türkische Zeitung Günes den Auftakt der internationalen Filmfestspiele in Istanbul. Während der türkische Kulturminister Tinaz Titiz, der Istanbuler Bürgermeister Bedrettin Dalan und der Chef der Istanbuler Kunst– und Kulturstiftung, der Großindustrielle Nejat Eczaibasi, langatmige Reden zur Eröffnung der Filmfestspiele schwangen, hatte des Ministers Zensurbehörde zugeschlagen. Die Aufführung des Films „Flehen“ des sowjetischen Regisseurs Tengiz Abuladze, eine Produktion aus dem Jahr 1968, wurde wegen „antiislamischer Elemente“ verboten. Der Film war mit Filmen Tarkowskis in der Reihe „Ehrfurcht vor den Meistern“ angekündigt worden. Auch „Betty Blue“ des französischen Regisseurs Jean– Jacques Beineix fiel wegen „erotischer Szenen“ den Zensoren zum Opfer. Die Filme „Der Hofnarr“ (Jose Alvaro Morais/1987), Rendez–vous (Andre Techine/1985) und „Deshima“ (Beat Kuert/1987), ebenfalls von der Zensurbehörde verboten, konnten im letzten Augenblick durch Intervention der Organisatoren beim Kultusministerium vor dem Aufführungsverbot gerettet werden. „Selbst die faschistischen Regime drücken bei Filmfestspielen ein Auge zu und verzichten auf Zensur“, ärgert sich der Chef des Organisationskomitees Vecai Sayar. Auch bekannte türkische Regisseure wie Atif Yilmaz und Ömer Kavur haben gegen das Verbot der Filme protestiert. Noch ist das Verbot der zwei Filme nicht endgültig. Nach türkischem Recht gibt es noch eine „obere Zensurbehörde“, die die Verbotsverfügung der „unteren Zensurbehörde“ aufheben kann. Dort sitzen unter anderem auch Vertreter der Polizei, des Innenministeriums und des Generalstabs. Kein Zweifel also, eine sehr kompetente Kommission ... öe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen