piwik no script img

Film „Rock of Ages“Musical schlimmer als Museum

Illustre Besetzung, 80-Jahre-Brüllbaladen und eine Handlung aus der Retorte: An der Musicalverfilmung „Rock of Ages“ ist das Kostümbild noch das Interessanteste.

Tatsächlich: Das sind Alec Baldwin und Tom Cruise. Bild: dpa

Ins Museum zu kommen, das war im Bereich der Popkultur mal gleichbedeutend mit dem Tod. Heute aber gibt es Schlimmeres als die Musealisierung: die Verwandlung in ein Musical.

Wer bislang noch nicht glauben wollte, dass der Glamrock seine Lebensgeister schon vor Jahren ausgehaucht hat, den wird „Rock of Ages“ nun endgültig eines Besseren belehren. Zumal es sich bei diesem Film um die Leinwandadaption eines Musicals aus dem Jahr 2006 handelt.

Dabei ist es nicht nur die Songauswahl, die aus 80er-Jahre-Brüllballaden wie „We built this city“, „Can't fight this feeling“ oder „I Want to know what love is“ besteht, die aus dem Kinoerlebnis eine echte Fahrt ins Jenseits machen, es sind vor allem das viele, lange Haar, die Stirnbänder, die Ohrringe, die schwarzen Lederhosen und die Pelz- und Wildlederwesten, die vorzugsweise auf nackten Oberkörpern getragen werden.

Nicht zu vergessen Männer mit Lidstrichen. Man schaut und staunt: Waren das die 80er? Diese heute kaum mehr in ihre Bestandteile aufzulösende Mischung aus Rocker-Machismo, Metrosexualität und Sadomaso-Mode?

Alternder Rockstar im Drogensumpf

Leider ist das Kostümbild von „Rock of Ages“ auch schon das Interessanteste an einer Musicalverfilmung, die zunächst mit einer geradezu bizarr-illustren Besetzung lockt: Alec Baldwin! Russell Brand! Catherine Zeta-Jones! Und dazu Tom Cruise! Letzterer in der Rolle des alternden Rockstars, der am Ende seiner Karriere im Drogensumpf gelandet scheint, aber noch einmal aufersteht, vom Blitz der Liebe erweckt. Es gilt, einen alten Rock-Club in Los Angeles zu retten, der der Gentrifizierung zum Opfer zu fallen droht.

Der Rest der Handlung kommt ebenfalls aus der Retorte: ein Mädchen aus der Provinz kommt nach Los Angeles mit dem Traum, Rocksängerin zu werden, und landet in besagtem Club als Kellnerin. Dort soll kurz darauf besagter Altrockstar einen Auftritt haben. Mehr zu verraten würde noch das letzte Fünkchen Spannung ersticken.

Die großen Namen erweisen sich als reines „Stunt-Casting“, soll heißen, der erste Anblick eines Alec Baldwin mit langer grauer Mähne und Jeansjacke amüsiert noch, doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass Baldwin ein zu gut erhaltender 54-Jähriger ist, um einen verlebten Altrocker zu spielen.

Für Tom Cruise, der im Juli 50 wird, gilt das noch mehr: Man kann die Verve bewundern, mit der er sich in die Rolle schmeißt, aber kaum übersehen, dass die großzügige Selbstverschwendung, die den Glamrock ausmachte, jemandem wie Cruise völlig fremd ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • W
    Wolf

    correct.

     

    irgendwie gewinnt man hier massivst den eindruck, das hier extra jemand als kritiker auftritt, der von vornherein mit der musik, langen haaren, extravaganten/ledernen klamotten etc., nicht das geringste anfangen kann und desweiteren, von überzeichnung, ironie und reinem spass, nicht das geringste versteht...

     

    damit, ist der verriss quasi vorprogrammiert gewesen und der autor konnte sich schön austoben.

     

    bravo!

     

    selten solch eine glanzleistung gesehen, bei der sich der richter, selbst an den pranger bringt.

     

    an alle anderen:

     

    wer die musik mag und von der story, wie "ami-film" üblich, nicht allzuviel erwartet und dazu noch sinn für humor hat...

     

    dem wünsche ich viel spass und den älteren unter uns, nette erinnerungen an die zeiten, in denen die gespielten songs noch aktuell waren und das lebensgefühl vieler beeinflussten.

     

    o7

  • M
    Martin

    Der Mensch der diese Kritik geschrieben hat, war entweder zur Zeit in der die im Film verwendeten Musik-Klassiker aktuell gewesen sind noch nicht auf der Welt oder hatte damals schon lieber Deutsche Volksmusik gehört.

    Somit ist diese Kritik absolut unbrauchbar !

    Wer nichts mit der Musik anfangen kann sollte die Finger von der Verfilmung lassen, alle die diese Musik mögen werden auch den Film im großen und ganzen gut finden.

  • J
    Juanne

    Ih fand den Film amüsant, man sollte ihn nicht zu ernst nehmen. Manche Filme sollen einfach nur mal lustig sein und die Musik gefällt mir persönlich richtig gut. Das sind einfach Klassiker (und ja ich bin ich 18 und mag diese Musik) Der, der diese Kritik geschrieben hat, hat einfach schon zuviele Kinofilme gesehen und keine Lust mehr.

  • J
    Jörg

    Was man diesen Film nicht darf - ernstnehmen. Ich habe keine Erwartung an ein Musical bzw. Film, wenn um die Musik herum eine Story geschrieben wird. Das klappte bei "We Will Rock You" ebenso nicht wie bei "Rock of Ages". Es wird als durchschaubare Liebesgeschichte enttarnt.

     

    Es wurde als Homage an die 80er beschrieben, m.E. eine Persiflage. Eine herrliche Überzeichnung des Genre Rockstar mit allen sein Eigenarten und Macken. Ich kenne das Musical nicht, habe von der Story nicht viel erwartet. Wie schon im Artikel beschrieben, eine abgelutschte Story, die sich teilweise an - ja - "Pretty Woman" orientiert - weibliche wie männliche Erpel entwickeln sich zu stolzen Schwänen. Nach den ersten Minuten habe ich gedacht - schlaf ich ein oder gehe ich. ;) Der Film war zäh und durchschaubar. Was ihn allerdings rettet ist - nein nicht das Bühnenbild - sondern einfach die Musik.

     

    Nicht durch die Orginalinterpreten sondern durch die Darsteller - teilweise komisch und ironisch - aber immer gut, teilweise perfekt und mit viel Spaß und guter Laune.

     

    Mein Fazit:

    Story mit gutem Willen 2 von 5 Steren

    Musik: 5 von 5 Sternen

     

    Empfehlung:

    Kein klares Nein, kein klares Ja. Wer nicht mit hohen Erwartungen an die Story dran geht und die ersten 40 Minuten übersteht, kann Spaß am Film und der Musik haben.

  • D
    dieter

    Bei diesem Schmarrn geht's doch nicht um Glamrock sondern um den fiesen 80er Amihardrock!! N' bißchen mutiger hätten die Macher allerdings sein können, vielleicht hätten einige Pudelhardrock-Combos der damaligen Zeit (am besten mit den Originalmusikern!) dem Streifen irgenwie gut getan? Ansonsten finde ich aber, hier wird stringent vorgeführt was an Rock hassenswert ist!!

  • AZ
    Asche zu Asche

    Ich bin schon lange versucht, meine Plattensammlung zu verstecken, wenn jüngerer Besuch kommt, der meist nur die Verwurstungen aus Musicals, unsäglichen Reunions, grausigen Motto-Best Offs ("Best of Flower Power" u. ä.) und dergleichen kennt.